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Kommentare - - Seite 139

Ihre Beiträge sind uns willkommen! Schreiben Sie uns Ihre Fragen und Anregungen, Ihre Kritik oder Zustimmung. Wir veröffentlichen hier laufend Ihre aktuellen Zuschriften.
  • Säuger- und Vogel-Intelligenz

    21.04.2008, Hermann Schultze
    Der Artikel "Evolution der Intelligenzen" (G&G Nr. 3) hat einen äußerst spannenden Schluss: Man braucht keine Großhirnrinde, um überdurchschnittlich intelligent zu sein, Vögel arbeiten mit einem anderen Mechanismus. Während der ganze Artikel gut verständlich geschrieben ist, habe ich den Unterschied zwischen Säuger- und Vogelgehirn nicht so recht verstanden. Irgendwann vor ??? Millionen Jahren haben sich in der Evolution der Amphibien Säuger von Vögeln getrennt und ihre Gehirne in unterschiedlicher Weise weiterentwickelt. Ich wüsste es gerne etwas genauer. Denn ...

    Einer der Väter intelligenter, mobiler Roboter ist Rodney Brroks (MIT). Früher verwendete er intelligente Zentraleinheiten, vergleichbar mit kognitiven Systemen. Die aber waren zu groß für einen mobilen Roboter. Deshalb hat er eine gänzlich andere Struktur gewählt. Brooks schrieb dazu in seinem auch in Deutsch erschienenen Buch "Menschmaschinen": "Ich hatte den Eindruck, dass Insekten wesentlich mehr konnten als jeder damals existierende Roboter. Insekten sind nicht weit von der Rechenleistung eines guten digitalen Computers entfernt." Ohne nun auf Einzelheiten einzugehen, hatte Brooks Erfolg damit, in seinen Robotern auf ein internes Modell ganz zu verzichten, und er baute kleine mobile Roboter mit erstaunlicher Leistungsfähigkeit.

    Es wäre daher interessant zu untersuchen, ob hier - Säuger versus Vögel - etwas ähnliches vorliegt.
  • Kinderkrippen

    14.04.2008, Burghard Behncke
    Mit zunehmendem Unbehagen habe ich den Artikel von Verena Ahne mit dem Titel "Streit um die Krippe" gelesen. Der Artikel enthält eine nicht zu übersehende Ungenauigkeiten, Einseitigkeiten und auch falschen Behauptungen. Immerhin besteht doch der Anspruch Ihrer Zeitschrift, wissenschaftliche Ergebnisse mit ihrem "Für und Wider" kompetent und andererseits auch für Laien gut lesbar wiederzugeben.

    Der Artikel ist nach dem derzeit in Zeitungen und Zeitschriften gängigem Muster zusammengestellt. Natürlich wird die NICHD - Studie erwähnt, allerdings mit Schlagseite und an einigen Stellen ungenau bzw. falsch wiedergegeben. So ist die Mutter-Kind-Beziehung in den ersten Lebensjahren bei einer außerhäusigen Betreuung durchaus etwas weniger harmonisch, und gegenüber mehr unsensiblen Müttern nimmt die unsichere Bindung bei Außenbetreuung sogar zu. Auch spielen die NICHD - Forscher, die ja kollektiv ihre Ergebnisse veröffentlicht haben (Belsky ist nur einer von ihnen) die festgestellte Zunahme von Aggressionen auch bei 12-Jährigen durchaus nicht so herunter, wie Frau Ahne dies tut. Zitat: "Even though there are certainly grounds for questioning the developmental significance of the enduring 'effects' detected, we regard them as noteworthy and meaningful because of the large number of children in America who experience extensive and/or low-quality child care before school entry. This contemporary situation raises questions about the potential collective consequences across classrooms, schools, communities, and society at large of small enduring developmental differences among children who vary in their early child-care experience." (Belsky, 2001; NICHD SECCYD, 2003a, 2006). Child Development, March/April 2007, Volume 78, Number 2, Pages 681-701

    Natürlich dürfen die Krippenbefürworter Herr Fthenakis (Regierungsberater beim deutschen Familienministerium!) und Frau Lieselotte Ahnert auch ih diesem Artikel, wie in all den anderen Pressedarstellungen, nicht fehlen. Die wohl nicht passenden Forschungsergebnisse von Herrn Belsky sollen mit Klatsch und Tratsch ("Schwarzes Schaf") ausgeschaltet werden, und Ergebnisse von Krippenbefürwortern beherrschen im Artikel das Feld. Es ist auch höchst bedenklich, in diesem Zusammenhang einseitig die Forschungsergebnisse der schwedischen Göteborg-Studie durch Herrn Bengt-Erik Andersson aus den 1980er Jahren anzuführen. Nach gründlicher Untersuchung einer Vielzahl von Forschungsergebnissen zwischen 1980 und 1994 kommt Belski zu folgendem Ergebnis (S. 322): "Die wissenschaftlichen Befunde zur Krippenforschung können eine bedenkenlose Befürwortung der Krippenbetreuung nicht unterstützen. Es ist nicht auszuschließen, dass die Krippenbetreuung im Vergleich zur Familienbetreuung in der Summe eher von Nachteil ist." (Bensel, J., 1994: Ist die Tagesbetreuung in Krippen ein Risiko? Eine kritische Beurteilung der internationalen Krippenforschung. ZPädagogik 40, 303-326).

    Auch müsste man doch auch erwähnen, dass die skandinavischen Länder, auch Schweden, nach ihren langjährigen Krippeerfahrungen langsam und mehr oder weniger stillschweigend eine Art "Roll Back" zu machen scheinen. So hat das Schweden gerade für zu Hause bleibende Mütter ein 3-jähriges Erziehungsgeld eingeführt, was bei uns in der Öffentlichkeit überhaupt nicht erwähnt wird. Schweden ist ja das "Krippen-Musterland".

    Was die vielzitierte Frau Ahnert betrifft, so sind ja ihre Aussagen durch vielfältige Interviews in den letzten Jahren hinreichend bekannt, aber längst nicht bei allen Forschern in ihren Schlussfolgerungen anerkannt. Aber wer sich auf sie beruft, sollte wenigstens auch ihre folgende Aussage auf ihrer eigenen Internetseite wiedergeben: Ahnert: "Neueste Studien aus der Stressforschung weisen zudem darauf hin, dass die veränderte Stressreaktivität außerfamiliär betreuter Kinder mit ihrer Aufenthaltszeit in einer Kindereinrichtung im Zusammenhang zu stehen scheint. Wenn jedoch die Familie eine herausragende stressreduzierende Rolle spielt, dürften diese Befunde nicht allein die Auswirkung institutioneller Betreuung sein. Lange Aufenthaltszeiten in Tagesbetreuung bedeuten für ein Kind zwangsläufig weniger Zeit in der Familie. Kurze Begegnungszeiten zu Hause aber dürften kaum dazu führen, die Tagesbelastung des Kindes abzubauen, so dass Belastungspegel, Verhaltensstörungen und Konzentrations­minderungen akkumulieren könnten. In laufender Forschungsarbeit untersuchen wir gerade, ob diese Überlegungen auch bei Kindern greifen, deren Familien eine sozialbedingt qualitätsvermindernde Betreuung bieten, und ob diese Kinder dann nicht doch eher von langen Aufenthaltszeiten in Tagesbetreuung profitieren würden." - So ist es unerklärlich, wie mit gutem Gewissen ein Krippenaufenthalt bis zu acht Stunden (!) pro Tag als unbedenklich angesehen werden kann.

    Auch der beachtliche Anstieg des Cortisol-Spiegels bei Krippenkindern gegenüber zu Hause betreuten, insbesondere am Nachmittag, wird von Frau Ahne in seiner Bedeutung heruntergespielt. (Die Krippe sei halt aufregend.) Von Medizinern wird jedoch glaubhaft versichert, dass ein täglicher Anstieg bie Kleinkindern ein bedenkliches Zeichen und für die Entwicklung nicht positiv sei. H.J. Vermeer und H. van IJzendoorn (Early Childhood Research Quaterly 21 (2006), S. 390-401) haben insgesamt neun Studien, in welchen das Maß an Cortisol-Ausstoß von kleineren Kindern bei Tagesbetreuung (gegenüber anderen) aufgeführt wurde, untersucht. Ihr Resumee lautet: "It was shown that the effect of daycare attendance on cortisol excretion was especially notable in children younger than 36 months. We speculate that children in center daydare show elevated cortisol levels because of their stressful interactions in a group setting."

    Dieser Stress ist also in Krippen zu erwarten! Gerade eine Zeitschrift wie "Gehirn&Geist" sollte sich der Frage annehmen, was für eine Bedeutung, nicht zuletzt für die Gehirnentwicklung, dies haben könnte. Aus der Hirnforschung wissen wir doch, wie empfindlich, prägend und schutzbedürftig die Hirnentwicklung in den ersten Lebensjahren eines Menschen ist! Somit vermisse ich von Ihrer Zeitschrift "Gehirn&Geist" (!) qualifizierte Beiträge gerade zu dieser Ihner ureigensten Thematik. Vermeer und van IJzendoorn geben hierzu wertvolle Impulse.

    Nur recht kurz erwähnt Frau Ahne das leicht bei Muttertrennung in frühen Jahren auftretende Trennungstrauma. Es kann aber durch langsame Eingewöhnung in die Krippe nicht behoben, höchstens gemildert werden, wie Untersuchungen zeigen. Auch das wäre eigentlich ein vertiefendes Thema für Ihre Zeitschrift. (Siehe hierzu auch die jüngsten Forschungsergebnisse von Herrn Grossarth - Miaticek zu den gravierenden gesundheitlichen Spätfolgen von früher Mutterentbehrung.). Die Deutsche Psychoanalytische Vereinigung macht es in dieser Hinsicht besser. Sie weist auf die hohe Bedeutung der frühkindlichen Bindung hin und scheut sich nicht, die Risiken von Krippenerziehung aufgrund therapeutischer Erfahrungen offen anzusprechen. Ihr diesbezügliche Memorandum habe ich als Anlage beigefügt sowie auch einen anderen Artikel aus der Schweiz. Darüber hinaus stellen andere aktuelle Artikel von Psychotherapeuten die Probleme und mögliche Verstärkungen von traumatischen Erlebnissen dar für den Fall, dass neben der Trennung von der Mutter noch diejenige ihrer zuständigen Erzieherin hinzukommen. Personalwechsel in Krippen ist aber leider nur zu häufig anzutreffen.

    Ich will doch deutlich sagen, dass ich solch einen Artikel in Ihrer Zeitschrift mit wissenschaftlichem Anspruch nicht für vertretbar halte. Das Heft liegt ja auch in Familienberatungsstellen u.s.w. aus. Schon direkt unter der Überschrift ist zu lesen: "Aktuelle Studien belegen jedoch: Die Fremdbetreuung schadet den Kleinen nicht." Das aber ist eine einseitige und somit unzutreffende Darstellung.

    Noch eine letzte Bemerkung: Je mehr man sich in diese Thematik einarbeitet, desto stärker wird das eigene Erstaunen über folgende Tatsachen: Einerseits ist der wissenschaftliche Kenntnisstand bezüglich der langfristigen Folgewirkungen von Krippenerziehung noch sehr dürftig, und es gibt dazu kaum qualifizierte Langzeit-Forschungsergebnisse bis in das Erwachsenenalter hinein. Andererseits aber wird derzeit in Deutschland mit hohem Tempo die Krippenerziehung ausgebaut und für sie geworben. Ist das nicht, gelinde gesagt, problematisch?
  • Ehrlichkeit im Internet

    31.03.2008, Martina Nöller
    So einfach ist das ja nun auch nicht: Es gibt nicht nur die "Übriggebliebenen", die sich im Internet tummeln.
    Was ist mit den vielen Männern und Frauen, die einfach keine Gelegenheit haben, jemanden kennen zu lernen? Die vielleicht im 3-Schicht-System arbeiten und keine Zeit für eine großartige Suche haben? Oder die schon reifer sind und nicht immer als 5. Rad am Wagen mit Pärchen unterwegs sein wollen? Oder die einfach lieber nur zu zweit wären, anstatt samstags in die Disco zu rennen?

    Ich habe meinen Partner im Internet kennengelernt - und zwar auf sehr eigenartige Weise; aber jetzt im Nachhinein sage ich, es musste so sein. Wir lieben uns, wir achten uns, und wir sind seit vier Jahren sehr, sehr glücklich miteinander. Selbst nach meinem schweren Autounfall - wo es absolut unsicher war, ob ich jemals wieder laufen konnte - hat er zu mir gehalten.

    Ich bin jetzt 48 Jahre, er ist 50 Jahre. Wir sind beide keine Tanzmäuse, wir sind beruflich sehr eingespannt, wir hätten uns ohne Internet nie kennengelernt.

    Es gibt sie also noch, die Ehrlichkeit im Internet!
    Traut euch!
  • Moralentwicklung

    11.03.2008, Dr. Rüdiger Posth, Februar 2008-02-16, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut und Buchautor
    Wenn die Wissenschaft Intuition als Zugang zum moralischen Empfinden beim Menschen postuliert, dann muss sie auch sagen, was Intuition im ihrem Sinn sein soll und wie sie in den Menschen hinein gelangt. Denn erstes moralischen Denken und Handeln findet schon im Kindesalter statt, und es ist nicht einfach sich vorzustellen, dass die Entscheidungsfindung über das, was gutes und böses Verhalten ist, allein durch ein genetisches Anlageprinzip auf natürliche Weise abgesichert ist.

    Der Begriff Intuition basiert gewöhnlich auf dem Verständnis desjenigen Mosaiksteins im menschlichen Gefühls- und Geistesleben, der das "fehlende Glied" zwischen emotionaler Intelligenz und kognitiver Erkenntnisleistung abbildet. Aber wie bildet sich dieser Mosaikstein im menschlichen Gehirn heraus? Dazu favorisiere ich eine neue Version zur Moralentwicklung beim Menschen, die allein auf emotionalen und psychosozialen Grundlagen basiert (und die den Begriff Intuition vielleicht ganz überflüssig macht). Gemeint ist die Balance von Stolz und Scham im frühen Kindesalter. Stolz und Scham sind attributive Empfindungen zum Selbst, welche die eigene Wertigkeit bestimmen und damit das Selbstbewusstsein beeinflussen. Es liegt nahe anzunehmen, dass ein Kind bestrebt ist, möglichst viel Stolz auf sich zu versammeln und schambesetzten Gefühlen auszuweichen. Tatsächlich verhalten sich Kinder genauso und streben frühzeitig danach, in der Gemeinschaft so aufzutreten, dass sie ihren wichtigsten Bezugspersonen, allen voran den Eltern, gefallen und von ihnen Lob ernten. Das hindert sie aber nicht daran, beim inneren Aufbau ihres Selbst auch sehr eigennützig über die Stränge zu schlagen und im Trotz oder der Missachtung von Verboten Selbstbehauptung zu üben sowie Lust- und Machtbedürfnis zu befriedigen. Das führt natürlich zu einer Kritik durch die Bezugspersonen. In der Dynamik von Lob und Tadel entwickelt sich das Selbst und erwirbt positive wie negative Attribute. Dabei spielen die elterliche und die gesamte umweltliche Reaktion eine entscheidende Rolle.

    Doris Bischof-Köhler wies bereits Anfang der Neunziger Jahre des vergangenen Jahrhunderts nach, dass mit der Reifung des Selbstverständnisses und der bewusstseinsmäßigen Subjekt-Objekt-Spaltung im Alter von gut eineinhalb Jahren das Kind in der Lage ist, Empathie mit anderen Menschen zu empfinden (Selbstobjektivierung und fremdbezogene Emotionen (1994), Ztschr. f. Psychologie, 202, 349 ff.). Dazu muss sich das Kind immer wieder die Situation und Gefühlslage des geschädigten Menschen in einem Als-ob-Spiel vor Augen führen, um zu erfahren, was Übereinstimmung von Gefühlsinhalten zwischen zwei Menschen ausmacht. Das Empfinden der Identifikation spielt dabei die ausschlaggebende Rolle. Dazu beißt das Kind den Eltern schon mal in die Nase oder schlägt sie auf den Kopf, nur um sich damit das ausgelöste Leid zu demonstrieren, Leid, das das Kind nachempfinden kann, um dann seinerseits die Eltern zu trösten. Was also zeitweilig wie Aggression gegen die Eltern oder andere Bezugspersonen anmutet, ist der simple "Selbstversuch", Empathie in sich zu erzeugen.

    Nun kommt ein Schritt im Bewusstsein mit etwa 4 Jahren dazu, den man in der Entwicklungspsychologie als Theory of Mind bezeichnet. Jetzt erwirbt das Kind die kognitive Fähigkeit, sich vorzustellen, dass nicht nur das selbsterzeugte Empathiemuster Bestand hat, sondern dass jeder Mensch für sich ganz unterschiedliche Vorstellungen und Überzeugungen zu solchen Gefühlsinhalten und Verhaltensweisen besitzt. Ein weiterer Schritt ist, dass sich aus den Überzeugungen der anderen, vor allem der erwachsenen Menschen geradezu ein Kodex über gutes und böses Verhalten ergibt, d.h. ein System aus Normen, Werten und Prinzipien entsteht, denen sich das Kind zu unterwerfen hat, wenn es anerkannt sein will und erfolgreich an der Gemeinschaft teilhaben. Wieder greift das Prinzip Stolz und Scham, denn erfolgreiches Agieren in der Gemeinschaft wird belohnt und erzeugt Stolz, fehlerhaftes oder renitentes Verhalten wird hingegen bestraft und erzeugt Scham. Wir sind in der Entwicklung des Menschen an dieser Stelle übrigens noch weit vor dem eigentlichen Stadiensystem von Lawrence Kohlberg und seinen Evaluationen durch Situationen des Dilemmas. Auch das Kognitionsmodell von J. Piaget setzt erst später an.

    Mit den Verhaltensbeobachtungen an Kindergartenkindern auf der Basis von Stolz und Scham haben wir ein gutes Instrument, die interaktionären Vorgänge zwischen den Kleinkindern und Vorschulkindern zu verstehen und darauf pädagogisch richtig zu reagieren. Konkret: Es hat überhaupt keinen Zweck, ein Krippenkind von zweieinhalb Jahren dazu anzuhalten, sein Spielzeug mit einem anderen Kind zu teilen, nur weil dieses keines mitgebracht hat. Ebenso wenig ist es richtig, ein Kind, das schlägt, zurückzuschlagen, um ihm die "bösen" Folgen seines Handelns vor Augen zu führen. In diesem Alter herrscht vor jeder Moral das Nützlichkeitsprinzip, resp. der Utilitarismus. Wer etwas hat, wer früher dran kommt oder wer stärker ist, hat das Recht sich zu bedienen. Der Unterlegene muss durch die Erzieherinnen entschädigt werden oder muss ganz einfach getröstet werden. Der Sieger darf nicht abgestraft werden. Anders ist es bei den Vier- bis Fünfjährigen. Hier muss an die Einsicht, das Verständnis für den Anderen und an das eigene Mitgefühl appelliert werden, um Gerechtigkeit zu schaffen. Was dann nicht über den Kopf des Kindes geht, wird durch ein gutes Vorbild vorgelebt.

    So stellt sich das Experiment zur Baby-Moral der Wissenschaftler an der Yale-Universität in den USA etwas anders dar, als von ihnen selbst interpretiert. Die Zweijährigen bevorzugten nicht das gelbe Dreieck, weil es der roten Scheibe half, den Abhang hinauf zu kommen, sondern nur, weil es für die Scheibe bei diesem Bestreben von großem Nutzen gewesen ist. Das neutrale Klötzchen als Beobachter der Szene wurde auch nicht dem bösen, blauen (blockierenden) Viereck vorgezogen, weil es sich besser verhielt, sondern nur weil es den Aufstieg der Scheibe nicht behindert hat. Das Kleinkind reflektiert also allein auf das Nützliche und noch nicht auf das Gute. Das Gute vor dem Bösen kommt erst mit dem Selbstbewusstsein, der Empathie und dem Perspektivwechsel, verbunden mit der Erkenntnis, dass jeder Mensch ein Individuum mit Anspruch auf Unversehrtheit und gerechte Behandlung ist. Es führt eben kein Weg an der Sozialisation vorbei.
  • Krone der Schöpfung, antwortend mit einem in der Krone

    04.03.2008, Ignaz Schmucki, CH Thun
    Genial.
    Verleihe - ohne Kompetenz, aber mit Nachdruck, mithin als geborener Politiker - den Orden wider den tierischen Ernst mit gekreuztem Schraubschlüssel in Gold und Brillanten am Bande.
    Igu

  • Natürlicher Feind

    02.03.2008, Michael Oliver Flüß, Erkrath
    Lieber Herr Wicht!
    Wie stets brillant, von kurzweiliger Dichte - und höchst lehrreich. An dieser Stelle muss ich der Vollständigkeit halber auf den natürlichen Feind jeden fingerförmigen Handanhangsgebildes, ob nun bot- oder unbotmäßigen Gebrauchs verweisen:
    www.atelier-mof.de/dyptichon01.htm

    Beste Grüße
    Michael Oliver Flüß
  • Nur der Daumen hat 2 Glieder?

    25.02.2008, Horst Wetzel, Guben
    Ich habe da mal mit einem Herrn Bier getrunken. Das sah komisch aus. Mir ist nicht gleich aufgefallen warum! Er hatte an allen Fingern nur 2 Glieder! Er erklärte mir, das würde sich in seiner Linie vererben. Sein Vater und auch sein Sohn wären so ausgebildet.
  • Keine neue Methode!

    21.02.2008, Ingeborg Maucksch
    Vorausschicken möchte ich ein ehrliches Lob an die Redaktion. Als Abonnentin lese ich Gehirn&Geist mit Begeisterung und freue mich immer schon auf das nächste Heft.

    Zum Thema Fremdsprachenlernen kann ich mir aber einen Kommentar nicht verkneifen. Die als neu bezeichnete Methode praktizieren wir an den bayerischen Realschulen seit über 15 Jahren, und unsere Schüler schaffen nach 4 Lernjahren (als wir noch vierstufig waren sogar nach 3) das DELF B1 (= die dritte Stufe des europäischen Referenzrahmens für Fremdsprachen). Für dieses internationale Diplom werden immer die vier Bereiche geprüft: Hörverständnis, Textverständnis, Textproduktion und Sprechfertigkeit, ohne dass dabei auch nur ein einziges Wort in der Muttersprache verwendet wird. Deshalb wird auch im Lehrplan und im Unterricht der Schwerpunkt auf kommunikative Fertigkeiten gelegt. Dass dafür die Strukturen, sprich Grammatik, sichtbar gemacht werden müssen, aber natürlich nicht als Selbstzweck, versteht sich von selbst. Zum Üben, ohne dem es nun mal auch nicht funktioniert, waren die jetzt geschmähten Sprachlabors sehr nützlich, denn wenn man eine Konstruktion zehnmal hintereinander mit verschiedenem Wortschatz gesprochen hatte, dann war sie meist so automatisiert, dass man später bei der Anwendung nicht mehr über den Aufbau (=Grammatik) nachdenken musste. Jetzt muss das Üben eben im Unterricht passieren, indem man möglichst viele Sprechanlässe schafft und die Schüler auch miteinander sprechen und sich gegenseitig kontrollieren lässt.

    Der langen Rede kurzer Sinn: Es hat mich gewurmt, dass in dem Artikel wieder mal unterstellt wurde, dass man in der Schule jedenfalls eine Fremdsprache nicht sinnvoll erlernen kann.

    Mit freundlichen Grüßen
    Ingeborg Maucksch
    (Französischlehrerin an einer Realschule)
  • Die Kunst der Sterndeuter

    16.02.2008, Johann Munzer, Magliaso (CH)
    Da steht auf Seite 18 von Heft 3/08 im Abschnitt *Ein Horoskop entsteht* der Satz: "Diese Anordnung beruht auf einer recht eigenwilligen Projektion der Planetenpositionen am Firmament auf ein Blatt Papier." Dabei kann man aus jedem guten Astrologiebuch erfahren, dass dieses Messbild sich an den Sonnenwenden und Tag- und Nachtgleichen (die Grundlage der Zwölfteilung der symbolischen Tierkreiszeichen) und an der täglichen Drehung der Erde mit den Punkten des Sonnenhöchst- und Tiefstandes (Häusersystem) orientiert. Daran ist nichts eigenwillig oder dubios, sondern astronomisch absolut richtig. Auch die Astronomen verwenden immer noch die Ekliptik mit den Tierkreiszeichen. Warum wurde diese denn noch nicht aus den Atlanten verbannt? Auf jeder Sternkarte ist diese Ekliptik eingezeichnet. Und das sich der Frühlingspunkt im Laufe der Jahrhunderte verschoben hat, dass lernt man irgendwann mal in der Schule. Interessant ist aber, dass jene Astronomen - obwohl sie die Ekliptik auf ihren Sternkarten zeigen - den exakten aktuellen Frühlingspunkt nicht angeben können.

    Seltsam finde ich ferner, dass von den befragten repräsentativen Astrologen keiner angegeben hat, die Astrologie sei eine Rhythmenlehre, obwohl viele moderne Astrologen sie so verstehen. Die Rhythmen von Sonne, Mond und der Planeten mit ihren unterschiedlich langen und kurzen Umlaufzeiten sind es, die als "Uhren des Kosmos" im Menschen seit Urzeiten eingeprägt sein können und sich rhythmisch im Leben des Menschen entfalten. Jedes individuelle Horoskopbild ist somit ein festgehaltener Moment dieser Rhythmen.

    Ich habe mich seinerzeit an dem umfassenden statistischen Test von Herrn Niehenke beteiligt und muss dazu feststellen, dass mit diesen Fragen niemals ein Mensch wirklich erfasst werden kann. Um mich z.B. wirklich richtig zu erfassen, hätten noch ganz andere Fragen dazu gehört. Wenn wir es mit der Selbsteinschätzung von Personen zu tun haben, dann wissen die Psychologen doch sehr genau, wie falsch diese Aussagen sein können. Im übrigen gibt es einige Studien, worin zwei unterschiedliche Horoskope (z.B. das von Hitler und einem berühmten Dichter) sehr wohl von Astrologen in einem Blindtest signifikant unterschieden werden konnten. Bei einem so komplexen Wesen wie der Mensch (körperlich-seelisch-geistig), reicht ein Fragebogentest eben nicht aus, um eine gute Statistik von charakterlichen Merkmalen zu machen. Hierzu wären Untersuchungen von Einzelkonstellationen sehr viel besser (z.B. die Untersuchung der Häufigkeit der koronaren Herzkrankheit bei Sonne/Saturn-Konstellationen). Ich habe das zweimal angeregt, aber die angesprochenen Mediziner waren nicht bereit, mir entsprechendes Datenmaterial zur Verfügung zu stellen, obwohl sie in einer Studie den Einfluss von Voll- und Neumond auf das Herzinfarktgeschehen bei ihrer Untersuchung haben einfließen lassen. Warum sie ausgerechnet diesen Einfluss in ihre Untersuchung haben einfließen lassen, bleibt mir ein Rätsel. Weil sie an den Einfluss des Mondes noch eher glauben als an die Rhythmen des Saturn, von denen sie als Astrologieunkundige keine Ahnung haben?
  • Spaß und Lernen schließt sich nicht aus ;-))

    15.02.2008, Monika Armand, Halle
    Lieber Herr Wicht,

    mal wieder vielen Dank für Ihre tiefsinnigen, unterhaltsamen, literarischen und didaktisch wertvollen Ausführungen. Und ich werde mal meinen Hausarzt nach dem Daumen fragen ;-))

    Da hat man als Leser doch das große Glück, beim "Artikelsurfen" gleich so viel auf einmal zu lernen. Bin auf den Rest der Hand gespannt ...

    LG
    Monika Armand

    Für diejenigen, welche gleichfalls so viel Freude an Herrn Wicht's "Geschichten" haben, kann ich seine Beiträge bei Brainlogs: www.brainlogs.de/blogs/blog/anatomisches-allerlei
    wärmstens empfehlen.
  • Erythrophobie

    07.02.2008, Samia Chaker
    Sehr geehrte Frau Gaschler,

    danke für Ihren verständnisvollen und sorgfältig recherchierten Artikel zu Erythrophobie. Ich freue mich, dass dieses Thema in der Öffentlichkeit mehr wahrgenommen wird und Betroffene dadurch mehr Verständnis - sowohl für sich selbst als auch von anderen - erhalten, und dass Sie das Thema so sensibel und verständnisvoll und zugleich wissenschaftlich korrekt dargestellt haben.

    Ich forsche an der TU Dresden seit zwei Jahren zum Thema Erythrophobie und habe das niederländische Programm von Susan Bögels ins Deutsche übertragen, in einer Pilotstudie getestet und warte jetzt auf die Gelder für eine größere Studie zur Therapie der Erythrophobie. Ich hätte mich natürlich gefreut, in Ihrem Artikel Erwähnung zu finden, zum einen, da ich den ersten deutschen Übersichtsartikel dazu verfasst haben (Chaker & Hoyer, 2007 in der Zeitschrift Verhaltenstherapie), zum anderen weil es eben seit einiger Zeit auch in Deutschland spezielle Therapie für Errötungsangst gibt.

    Ich weiß, dass es für Sie als Redakteure oft schwierig ist, an Wissenschaflter "ranzukommen", ich möchte Sie aber dazu ermutigen, neben den Fachartikeln und Recherchen auf dort anzurufen, wo die Forschung tatsächlich gemacht wird. Ich hätte mich jedenfalls sehr gefreut und Ihnen auch gerne Auskunft gegeben. Also, nur Mut, auch wenn wir manchmal länger für unsere Antwort brauchen ;-)

    Herzliche Grüße aus Dresden
  • Die Krone der Schöpfung?

    08.01.2008, Georg Notni
    Außerirdische, die den Menschen als das sehen, was er ist, und nicht als das, was er gern wäre? Das gab's doch schon einmal, ebenfalls als Bericht vor einem großen intergalaktrischen Gremium: Ijon Tichy (in: Stanisław Lem: "Sterntagebücher", 8. Reise) berichtete seinerzeit davon, als er als Beitrittskandidat bei der Organisation der Vereinigten Planeten vorsprach. Die Einschätzung der Menschheit fiel damals jedoch noch wesentlich schlechter aus als die der Gesellschaft für extra-orionische Intelligenzen. Dies könnte als Beweis für eine Entwicklung gelten, wahrscheinlichere Ursache ist jedoch das eingeschränkte Forschungsobjekt der neueren Untersuchung. Da von weiteren Expeditionen abgeraten wurde, wird diese Frage wohl nicht geklärt werden können.
    Eigentlich schade - Die Menschheit hätte vielleicht doch etwas lernen können.
  • Das Gehirn funktionell gliedern (Teil3)

    08.01.2008, Stefan Pschera, Erlbach
    Der Begriff Straktur

    Als funktionelles Teil werden laut Leserbrief zum Thema die Erregungsketten bezeichnet. Dies ist unvollständig. Die Erregungsketten sind der neuronale Anteil einer Funktion. Zum funktionellen Teil gehören auch die Rezeptoren und das Erfolgsorgan. Zum Vergleich: Beim Auto besteht die Kraftstoffanzeige auch nicht nur aus dem Kabelbaum, sondern auch der Fühler im Tank und die Anzeige beim Fahrer gehören dazu. Erst damit ist die erfüllende Substanz zu einer Funktion vollständig.

    Wie diese Ketten verbundener Neurone nebst Rezeptor und Erfolgsorgan bezeichnen? Der Begriff Struktur grenzt anatomisch ab, als funktionelles Teil werden derzeitig das Kleinhirn, der Balken, Areale, das Neuron u.a. bezeichnet. Also ist auch dieser Begriff belegt. Ein neuer Begriff erscheint angebracht.

    Die erfüllende Substanz einer Funktion wird Straktur genannt. Dies kann je nach Definition, viel oder wenig organische Substanz beinhalten.
    Der Begriff Straktur ist vom Begriff Struktur abgeleitet. Und die Ähnlichkeit mit dem Begriff Traktor ist nicht störend. Der Traktor ist der Ziehende. Eine Straktur prägt die Struktur, nicht umgekehrt.
    Der Begriff Straktur wurde von Prof. Ermisch (ehemaliger Hirnforscher in Leipzig) vorgeschlagen.

    Eine Straktur wird durch die Funktion und nicht durch die Struktur definiert. Zur Straktur gehören die Rezeptoren (oder Teile davon), die speziellen Erregungsketten quer durch Rückenmark und Gehirn und das Erfolgsorgan (oder Teile davon). Die Problematik Struktur/Funktion wird bei ARAS und limbischen System deutlich. Wie definieren das ARAS? Über die Struktur (anatomisch abgrenzbar) oder über die Funktion (allgemeine Aktivierung)?

    Bei Patricia Davies ist zu lesen: Eine Läsion lässt sich lokalisieren, aber nicht eine Funktion. Der Satz ist logisch falsch. Eine Funktion ist nie lokalisierbar. Richtig müsste es lauten: Die Substanz, welche die Funktion erfüllt, ist nicht lokalisierbar. Aber, wenn die Funktion möglich ist, so muss es auch die erfüllende Substanz geben. Und es ist doch auch bekannt, die Erregung durchläuft viele Neurone, welche über Synapsen verbunden sind. Warum ist es so schwer, diese Ketten als funktionelles Teil zu akzeptieren? Wie schon in der Einleitung bemerkt, dies ist geschichtlich (auch wissenschaftliche Tradition genannt) bedingt. Nicht das vorhandene Wissen, sondern die festgefahrene Tradition hemmt das Verstehen.

    Beispiele für funktionelle Teile, genannt Strakturen:

    Zu jeder Fähigkeit, zu jeder Handlung eines Organismus ist organische Substanz notwendig, welche diese erfüllt. Und die mögliche Handlung zeigt eine vorhandene Straktur. Nur bei existierender Straktur ist eine Handlung möglich. Und nicht nur dies: Die jeweilige Ausführung lässt Rückschlüsse auf deren Entstehung zu.

    1. Gehen, Laufen, Rennen; dazu gehören Muskeln, Efferenzen, das Auge, das Gleichgewichtsorgan, Teile des Gehirns usw.
    2. Schon für die einfache Aufgabe, einen Apfel aus der Schüssel zu nehmen, ist viel Koordination notwendig. Die beteiligte strukturelle Substanz bildet die Straktur: "Apfel aus der Schüssel nehmen".
    3. Ein Reflexbogen ist eine Straktur. Auf einem Reiz (Sinneszellen) erfolgt die Weiterleitung zum Rückenmark und von dort zurück die Muskeln. Eine Handlung wird ausgelöst.
    4. Die Erkennung einer Person oder eines Gegenstandes ist eine große Leistung. Diese Leistung wird realisiert durch die Augen, die Ohren, der Sehnerv, Teile des Gehirns usw.
    5. Das Bedienen einer Maschine: dazu gehören die Sinnesorgane, die Hände, Teile des Gehirns, Hände.
    6. Das Verdauen einer Speise ist eine Funktion. Viel organsche Substanz ist zur Erfüllung dieser Funktion notwendig.
    7. Das Autofahren besteht aus vielen Einzelfunktionen und damit entsprechend vielen Strakturen.
    8. Die Fähigkeit, ein Musikinstrument zu spielen, wird an speziellen Bahnen im Gehirn sichtbar.
    9. Die Niere ist eine Struktur, eben baulich abgrenzbar. Zur Funktion "Ausfiltern giftiger Substanzen" ist die Niere nur ein Teil. Teile des automonen Nervensystems, Rezeptoren, Teile des Sympathikus und Parasympathikus u.a. gehören ebenfalls dazu. Erst dann ist die Straktur vollständig. Andererseits erfüllt die Niere viele Funktionen. Die Niere ist allein Struktur, aber keine Straktur.
    10. Wenn ein Mensch einen Wortschatz von 10 000 Wörtern gebrauchen kann, so ergeben sich schon 20 000 Strakturen. Je Wort eine Straktur zum Verstehen und eine Straktur zum Aussprechen. Nun könne gesagt werden, es wird doch für viele Worte immer die gleiche Struktur genutzt. Dies Ja und Nein. An irgendeiner Stelle müssen sich die Erregungsbahnen unterscheiden. Wenn nicht, gibt es keinen Unterschied, z.B. zwischen Wald und Wild.
    11. Die sprachliche Erkennung eines Baumes: Dies ist eine Eiche, dies ein Birke. Der "Input" ist das Bild, Der "Output" die sprachliche Äußerung.
    12. Die Erinnerung an eine Strasse, den Namen eines Menschen usw. ist eine Funktion und damit gibt es organische Substanz, welche dies ermöglicht - eine spezielle Straktur.
    13. Die im Bahnmodell erwähnten Züge sind der neuronale Anteil eine Straktur.

    Eigenschaften

    1. Zu jeder Straktur gehört strukturelle Substanz, welche die Aufgaben erfüllt. Zum theoretischen Verständnis ist es dabei vorerst unwichtig, wo sich diese Substanz strukturell befindet.
    2. Eine Straktur ist definiert als funktionelles Teil, hat also eine Funktion zur Existenz des Gesamtsystems Organismus zu erfüllen. Aus dieser Funktion ist das Objekt ableitbar, welche die Straktur bearbeitet. Jede Straktur hat ein Objekt, welches die Straktur mit ihrer Funktion bearbeitet.
    3. Die Tätigkeit einer biologischen Makrostraktur ergibt sich aus dem geordneten Zusammenspiel ihrer Mikrostrakturen. Mikrostrakturen sind subzelluläre Strukturen dissipativer Art. Bei weiterer Zerlegung bleiben nur Mikroprozesse konservativer Art übrig (Quelle: Theorie der dissipativen Strukturen).
    4. Dissipative Strukturen benötigen Energie zu deren Erhaltung und Funktion. Strakturen sind geordnet und funktionieren dissipativ.
    5. Die Erregung springt von Neuron zu Neuron. Dies ist zu grob formuliert. Die Erregung berührt nur einen kleinen Teil des Neurons. Meist verläuft die Erregung über die Oberfläche zum Axon. Also kann formuliert werden: Die Erregung durchläuft eine Kette von Fließgleichgewichten. Die Neuronen tragen und ernähren diese Fließgleichgewichte.
    6. Auf einem Reiz erfolgt eine Reaktion. Der Schlüsselreiz ist der Auslöser für eine bestimmte Instinkthandlung. Allgemeiner formuliert: Jede Straktur hat ihrem Schlüsselreiz.
    7. Die Reizschwelle variiert unter anderem in Abhängigkeit von Status quo in den beteiligten Fließgleichgewichten.
    8. Umweltinformationen können nur verarbeitet werden, wenn diese zu einer Straktur passen, einem Schlüsselreiz entsprechen. Ohne vorhandene Straktur verläuft die Information ins Leere. Das Problem ist also nicht die Informationreduktion, sondern die Zuweisung. Dies wird bei Kippbildern deutlich.
    9. Insoweit es die genetische Anlage zulässt, passt sich eine Straktur ihrer Beanspruchung an (= Aktivitätsgrad der Straktur). Dies ist eine direkte Forderung der Effizienz (ableitbar vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik). Die individuelle und genetische Anpassungsfähigkeit der Strakturen ist äußerst unterschiedlich. Klassisches Beispiel für die Anpassung des Aktivitätsgrades ist das Training.
    10. Fließgleichgewichte haben allgemeine Eigenschaften. Über- und Unterbeanspruchung bewirken Abweichungen vom Status quo. Fließgleichgewichte sind Stoffwechsel.
    11. Eine Straktur wird nicht immer gleichmäßig und entsprechend dem Aktivitätsgrad genutzt. Damit ergeben auch in den Fließgleichgewichten ungewollte und störende Abweichungen nach oben Stauungen und nach unten Auszehrungen. Regeneration wird notwendig.
    Zitat von Stanislas Dehaeme: "Denn wenn das Gehirn mehrmals nacheinander den gleichen Reiz empfängt, reagiert es gewöhnlich immer schwächer."
    12. Viele der Erregungsketten kreuzen sich und nutzen gleiche Teilketten (gleiche biologische Substanz). So sind Erregungsketten bei der Erkennung von Birne und Apfel fast identisch.
    13. Wiederholte Gleichzeitigkeit (zeitliche Korrelation) fördert das Verschmelzen der Ketten. Die Konditionierung ist so erklärbar.
    14. Arbeitsteilung und Kooperation sind Folge des Effizienzdrucks. Dies wiederum schafft neue Aufgaben (Funktionen) und damit Strakturen.
    15. Bei den Unmenge an Strakturen ist widersprüchliche Ansteuerung der Erfolgsorgane denkbar. Klassisches Beispiel ist die Entscheidung zwischen Angriff und Flucht. Hemmende Synapsenverbindungen werden benötigt.
    16. Unter Superkompensation wird verstanden eine beim Training durch den richtig gewählten Abstand von Trainingsbelastungen und Regeneration hervorgerufene Leistungssteigerung: Nach einer Trainingsbelastung stellt der Körper nicht nur die Bereitschaft zur Erbringung des gleichen Leistungsniveaus wieder her, sondern er stellt für eine gewisse Zeit sogar ein höheres Leistungsniveau zur Verfügung. Wird dieses höhere Leistungsniveau jeweils für die neue Trainingseinheit genutzt, kommt es zu einer fortwährenden Leistungssteigerung. Ist die Dauer zwischen Trainingsbelastungen zu groß, geht der Trainingseffekt wieder verloren. Wird hingegen zu häufig trainiert, hat der Körper nicht genügend Zeit zur Regeneration und sein Leistungsniveau sinkt ab (Übertraining). Die Regeneration ist ebenso wichtig wie das Training.
    17. Der neuronale Verlauf der Strakturen zeigt eine kontinuierliche evolutionäre Entwicklung. Die Weismann-Barriere ist falsch.
  • Das Gehirn funktionell gliedern (Teil 2)

    14.12.2007, Dipl.-Math. Stefan Pschera, Erlbach
    oder:
    Die eigentliche Funktion der Neuroglia

    Bei der neuen Gliederung in Ketten verbundener Neuronen (auch als Erregungsmuster, Erregungsverlauf u.a. bezeichnet) sind die Astrozyten außerhalb, wirken zwischen den so definierten funktionellen Teilen. Am Beispiel der Astrozyten soll gezeigt werden, welchen Lösungsansatz (einer von mehreren) diese eigenwillige Gliederung ermöglicht.

    Effizienz bewertet laut Definition den Aufwand im Verhältnis zum Nutzen. Der Aufwand kostet, aber dieser ergibt einen Nutzen, eine Einsparung. Am Aufwand oder am Nutzen allein ist die Effizienz nicht bewertbar. Die Bilanz von Aufwand und Nutzen ist das Kriterium für die Effizienz. Es bedarf eines Mittlers zwischen dem funktionellen Teil Aufwand und dem funktionellen Teil Nutzen, welche den gemeinsamen Bedarf messen kann. Die Astrozyten wirken zwischen funktionellen Teilen. Logisch führt dieser anatomischer Fakt zur Arbeitshypothese: Die Astrozyten bewerten die Effizienz zwischen funktionellen Teilen. Die Gliazellen ernähren Neurone aus verschiedenen funktionellen Teilen und messen so die Energiebilanz. Funktionell abhängige Neuronen werden aus einem kleinen Nährstoffreservoir versorgt. Arbeitet ein Teil schlecht, muss der andere Teil durch Mehraufwand ausgleichen. Das gemeinsame Reservoir wird belastet. Und mit dieser Arbeitshypothese wird viel Bekanntes einheitlich erklärbar:
    1. Die Notwendigkeit eines von den Neuronen abweichenden Zelltyps (die Neuronen leisten, die Astrozyten bewerten).
    2. Die klaren funktionellen und strukturellen Unterschiede zwischen Glia und Neuronen (resultiert aus der unterschiedlichen Funktion).
    3. Die Menge an Glia: 90% Glia und 10% Neuronen (zeigt die Menge funktioneller Abhängigkeiten).
    4. Die teils langen Strahlen der Astrozyten (nicht benachbarte, sondern funktionell abhängige Neurone werden versorgt).
    5. Die Versorgung der Neuronen über die Astrozyten (wegen der Effizienzmessung).
    6. Die Veränderung der Gliawege nach Lernvorgängen (geänderte Funktion ergibt geänderte funktionelle Abhängigkeiten).
    7. Die geringen Nährstoffreserven im Gehirn (nicht nur Platzmangel; nur bei geringen Reserven funktioniert die Effizienzbewertung).
    8. Die Glia steuert das Änderungsverhalten der Neuronen (effizientes Verhalten wird belohnt).
    9. Jedes Neuron ist baulich unterschiedlich, ganz speziell optimiert.
    10. Diese Gliaregelung brauchte die Evolution nicht erfinden. Schon mit der ersten Arbeitsteilung wurde auch die Nährstoffversorgung verzweigt.
    11. Es gibt keine Zentrale, welche Hirnveränderungen steuert. Die Steuerung findet im Detail vor Ort statt. Eben durch die Astrozyten und diese gibt es überall.
    12. Die Astrozyten optimieren zwischen kleinsten funktionellen Zusammenhängen und in der Summe wird diese Optimierung an den großen Funktionen sichtbar.
    13. Das Gehirn nutzt zur Steuerung Naturgesetze (Effizienz, zweiter Hauptsatz der Thermodynamik) oder anders ausgedrückt: Es wird durch bekannte Naturgesetze gesteuert.
    14. Die Blut-Hirn-Schranke ist zu überdenken.

    Die Neuronen leisten und die Glia bewertet nach jeder Aktion. Die Glia optimiert kleinste, kleine und in der Summe die großen Funktionen. Die Optimierung passiert vor Ort durch die vielen funktionellen Abhängigkeiten und mittels kleiner Reservoirs.
  • Suche nach Gott oder Egofutter?

    12.12.2007, Dieter Grabowski, 57392 Schanze 26
    Mir hat sich nicht erschlossen, wozu diese "hoch wissenschaftlichen" Arbeiten gut sein sollen, und was sie dem Menschen geben?

    Beim Lesen kam mir folgende "wissenschaftliche" Arbeit in den Sinn: Ein Wissenschaftler untersucht mit einem dressierten, acht beinigen Floh das Sprungverhalten von Flöhen. Immer nach dem Kommando "Floh hüpf!" sprang der Floh. Nach jedem Sprung wurde ein Bein entfernt.

    Die Ergebnisreihe:
    8 Beine = 8 cm; 7 Beine = 7 cm;
    6 Beine = 6 cm usw. mit 1 Bein = 1 cm.
    Nun wurde das letzte Bein entfernt. "Floh hüpf!" Floh bewegte sich nicht von der Stelle. Auch beim 2. und sicherheitshalber 3. Versuch "Floh hüpf!" bewegte sich der Floh nicht.

    Damit war die Versuchsreihe beendet.

    Das Ergebnis stand wissenschaftlich unerschütterlich fest: Reißt man dem Floh alle Beine aus, verliert das Gehör.
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