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Vögel, ihr Schutz und die Menschen dahinter: Die Faszination der Vogelbeobachtung

Weltweit beobachten Millionen Menschen Vögel, es gehört zu den beliebtesten Naturhobbys. Der Film »Vogelperspektiven« handelt von zwei Menschen, die ihr Leben der Vogelwelt widmen.
Ein Mann fotografiert die Sandregenpfeifer, Alpenstrandläufer und andere Zugvögel, die über das Wattenmeer der Nordseebucht Jadebusen fliegen.

»Das Vogelbeobachten ist eher eine Lebensform als ein Hobby. Man tut es eigentlich immer. Man guckt stets nach Vögeln. Es ist eine Senkrechte in der Zeit. In dem Moment gibt es nichts anderes.« Mit diesem Satz beginnt der Film »Vogelperspektiven« von Jörg Adolph, der auch »Das geheime Leben der Bäume« verfilmt hat. Im Mittelpunkt des Films stehen neben einheimischen Vögeln vor allem zwei Menschen, die ihr Leben ganz der gefiederten Welt verschrieben haben: Norbert Schäffer vom Landesbund für Vogel- und Naturschutz in Bayern (LBV) und Arnulf Conradi, Gründer und früher Verleger des Berlin Verlags, der seit Kindestagen begeistert Vögel beobachtet und 2019 den Bestseller »Zen und die Kunst der Vogelbeobachtung« veröffentlicht hat.

Mit prachtvollen Bildern vermittelt der Film eindrucksvoll, was Menschen an Vögeln fasziniert und warum viele Menschen ausgerechnet dieses Hobby gewählt haben – prosaisch verstärkt durch die Worte des Sprechers. Dabei darf man sich von den ersten Minuten des Films nicht täuschen lassen, die eher wie ein Making-of wirken. Doch nach diesem etwas holprigen Start spielt das Werk seine Stärken aus. Es folgt Norbert Schäffer bei seiner Arbeit durch Bayern, wo der LBV unermüdlich versucht, die Natur des Freistaates und seine tierischen und pflanzlichen Bewohner zu schützen.

Gezeigt werden die verschiedensten Projekte und Initiativen, beginnend mit dem erfolgreichsten Volksbegehren, das es in Bayern je gegeben hat, zum Schutz der Insekten, weiter zu einem Forschungsprojekt, das sich dem stark bedrohten Wiesenbrüter Wachtelkönig widmet, bis hin zur Wiederansiedlung des Bartgeiers in den bayerischen Alpen mit seinem deutschlandweiten Medienecho. Regelmäßig kommen lokale Naturschützer wie Rudolf Leitl aus der Oberpfalz vor, der die einzige übrig gebliebene Kolonie der Großen Hufeisennase in Deutschland zu bewahren versucht – mit Erfolg selbst während der Coronakrise, als Anwohner sich vor den Fledermäusen als Virenschleudern zu fürchten begannen (unbegründet, wie Labortests belegten).

Filmplakat zu »Vogelperspektiven« | Der Film kommt am 16. Februar in die deutschen Kinos. Der Regisseur Jörg Adolph begleitet unter anderem den Ornithologen Norbert Schäffer, Vorsitzender des Landesbunds für Vogelschutz in Bayern (LBV), auf seiner Mission zur Rettung der Vogelwelt.

Zur Sprache kommen dabei natürlich auch Schwierigkeiten und Rückschläge wie der Verlust von einem der ausgewilderten Bartgeier, der wahrscheinlich durch Steinschlag starb. Konflikte werden ebenso wenig verschwiegen, die manchmal regelrecht tragikomisch wirken, wenn beispielsweise der bayerische Ministerpräsident Markus Söder zum Moorschutz spricht, während gleichzeitig aufgebrachte Bauern ihm etwas hupen. Prinzipiell setzen Schäffer und der LBV aber nicht auf Konfrontation, sondern suchen das Miteinander und gemeinsame Lösungen, wenn das möglich ist. Der Verband arbeitet mit Jägern, um bleihaltige Munition aus der Natur zu bekommen, oder mit Landwirten zum Schutz von Wiesenbrütern, die auf den richtigen Zeitpunkt der Mahd angewiesen sind. Gezeigt wird dabei ebenso, dass Vogelschutz zahlreichen anderen Arten zugutekommt.

Vogelperspektiven

Diese Szenen wechseln sich mit Streifzügen von Conradi ab, der sich in ein Landhaus in Ostdeutschland zurückgezogen hat: Das Umfeld hier sucht er regelmäßig nach Vögeln ab. Seine Liebe zu diesen Zeitgenossen entdeckte er bereits im Kindesalter und fast schon poetisch beschreibt er, wie er sich der Vogelwelt immer weiter annäherte, welche Hürden er dabei überwinden musste und welches Glück er erfuhr. Schließlich beobachten wohl selbst naturferne Menschen fasziniert, wenn abends zehn-, hunderttausende oder gar Millionen Stare abends in ein Schilf einfallen, um dort zu rasten, nachdem sie zuvor noch verschiedenste Figuren in den Himmel gezeichnet haben. Sie fliegen in massenhafter Formation, ohne dabei zusammenzustoßen.

Starenschwarm | Der Film zeigt hervorragende Aufnahmen der Vogelwelt, darunter auch die Flugshow unzähliger Stare, die abends an ihren Ruhestätten einfallen.

Wenn man die ersten Minuten des Films überwunden hat, will man eigentlich nicht mehr aufhören. Man will noch mehr Aufnahmen der Vögel sehen oder, wie es weitergeht mit den verschiedenen Protagonisten: Wohin zieht der überlebende Bartgeier in den Alpen? Was macht der Verlust des einen Weibchens mit seinen Beschützern? Kommt der besenderte Wachtelkönig wieder zurück nach Oberbayern? Bleiben die Fledermäuse gesund? Kommen Münchens Spatzen auch zukünftig mit dem rasanten Leben der Großstadt zurecht? Bleibt Arnulf Conradis geliebte Hecke ein Biotop für zahlreiche Vögel?

Am Ende weckt der Film, der am 16. Februar 2023 in die Kinos kommt, die Sehnsucht nach dem Frühling: endlich wieder hinaus in die Natur, dem Gesang der Vögel lauschen und ihnen mit dem Fernglas nahe kommen. »Vogelperspektiven« ist ein Film für Vogelfreunde und solche, die es werden wollen – und für alle, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben, dass wir unsere Natur doch zumindest ein wenig erhalten können.

Transparenzhinweis: Der Autor ist selbst Vogelbeobachter und Mitglied in der gleichen Kreisgruppe des Landesbundes für Vogelschutz wie Norbert Schäffer.

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