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Lexikon der Mathematik: Normalformen (für gewöhnliche Differentialgleichungssysteme)

Konzept, um für eine gewöhnliche Differentialgleichung (DGL) \(\dot{x}\) = f (x) die „rechte Seite f “ durch Variablentransformation Φ in eine „möglichst einfache“ Form zu bringen.

Genauer sei ein Vektorfeld fCk (W) mit offenem W ⊂ ℝn gegeben. Wir untersuchen diese DGL in der Nähe eines Fixpunktes x0W. O. B. d. A. nehmen wir x0 = 0 an und zerlegen f in seinen linearen Teil bei 0 und einen nichtlinearen: \begin{eqnarray}f(x)=Df(0)x+\mathop{\underbrace{f(x)-Df(0)x}}\limits_{:=h(x)}\end{eqnarray}

mit der sog. Nichtlinearität hCk, die h(0) = 0 und Dh(0) = 0 erfüllt.

Für das folgende wichtige Normalform-Theorem benötigen wir einige Bezeichnungen. Es bezeichne Tmh : ℝn → ℝn das m-te Glied der Taylorentwicklung von h. Hm(ℝn) ist der Vektorraum der Abbildungen ℝn → ℝn, deren Komponentenfunktionen homogen vom Grad m sind. Mit Hilfe der Lie-Klammer [·, ·] (bzw. der Lie-Ableitung \({\mathcal{L}}\)) ist für eine lineare Abbildung AL(ℝn) die Abbildung adA : C (ℝn) → C (ℝn) definiert: \begin{eqnarray}\begin{array}{lll}(\text{ad}A\Phi )(x) & := & [A,\Phi ](x)\\ & = & ( {\mathcal L}_{\Phi }A)(x)-({ {\mathcal L} }_{A}\Phi )(x)\\ & = & DA(x)\Phi (x)-D\Phi (x)Ax\\ & = & A\Phi (x)-D\Phi (x)Ax.\end{array}\end{eqnarray}

Die Einschränkung von adA auf Hm(ℝn) ist ein linearer Operator auf Hm(ℝn), den wir mit adm A bezeichnen. Für einen Diffeomorphismus Φ bezeichnet Φh den Pullback von h. Dann gilt der Satz:

Sei eine lineare Abbildung AL(ℝn) und für jedes m ≥ 2 ein algebraischer Komplementärbildraum Wm von Hm(ℝn) gegeben, d. h., es gelte\begin{eqnarray}{H}_{m}({{\mathbb{R}}}^{n})=R(a{d}_{m}A)\oplus {W}_{m}.\end{eqnarray}

Dann gibt es für jedes hCk (ℝn,ℝn), das h(0) = 0, Dh(0) = 0 erfüllt, einen C-Diffeomorphismus Φ so, daß\begin{eqnarray}\begin{array}{ccc}{T}_{1}\Phi =1 & und & {T}_{m}\end{array}\Phi^* (A+h)\in {W}_{m}\end{eqnarray}

für alle 2 ≤ mk.

T1 Φ = 1 bedeutet, daß die Koordinatentransformation „nahe bei der Identität“ ist. Zu beachten ist, daß die einzelnen Anteile \begin{eqnarray}{T}_{m}\Phi^* (A+h)\in {W}_{m}\end{eqnarray}

der „Normalform“ allein durch den vorgegebenen linearen Anteil A und die (nicht eindeutige) Wahl der Komplemente Wm bestimmt sind.

[1] Guckenheimer, J.; Holmes, Ph.: Nonlinear Oscillations, Dynamical Systems, and Bifurcations of Vector Fields. Springer-Verlag New York, 1983.

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  • Die Autoren
- Prof. Dr. Guido Walz

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