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Was Scheidungskindern hilft

Wenn sich Eltern trennen, sollten sie vor allem darauf achten, dass der Nachwuchs nicht zwischen die Fronten gerät.
Glückliche Wendung
Derzeit geht in Deutschland rund jede zweite Ehe zu Bruch und die Zahl der Scheidungskinder steigt seit Jahren: 2008 waren es bereits knapp 150.000. Laut der aktuelle Ausgabe des Magazins "Gehirn&Geist" (04/2010) macht die psychologische Trennungsforschung der letzten Jahre vor allem eines deutlich: Die Scheidung gibt es nicht. Männer, Frauen und Kinder erleben und bewältigen den Prozess völlig unterschiedlich.

Bei Erwachsenen reicht die Bandbreite der Gefühle von Verzweiflung bis zu Freude über den Neuanfang. Für die meisten Scheidungskinder hingegen bricht mit der Trennung der Eltern zunächst einmal die Welt zusammen. Intensität und Dauer des Trauerns hängen allerdings von vielen Faktoren ab. Neben dem Alter der Kinder und den ökonomischen Bedingungen, spielt das Konfliktverhalten der Eltern dabei eine große Rolle. Mehrere internationale Studien zeigten: Stehen Streit und Auseinandersetzung im Vordergrund, ist der Nachwuchs häufig unsicher, hat weniger Freundschaften und öfter Probleme in Kindergarten und Schule als Kinder aus intakten Familien.

Grundsätzlich scheint eine Scheidung vor allem bereits bestehende Probleme zu verstärken, so das Ergebnis einer britischen Untersuchung von 2006. Psychologen vom King’s College London interviewten mehr als 5.600 Familien und erfassten dabei sowohl die Gesundheit der Eltern als auch das Wohlbefinden und Verhalten der Kinder im Alter von drei beziehungsweise sechs Jahre. Ergebnis: Eltern, die ihre Trennung friedlich vollzogen, nahmen auf die Bedürfnisse der Kinder mehr Rücksicht und halfen ihm, mit der neuen Situation klar zu kommen.

"Unmittelbar nach der Trennung sind manche Eltern mit der Kindererziehung überfordert, doch das trifft keineswegs auf die Mehrheit zu", erklärt Lisa Strohschein von der University of Alberta in Edmonton (Kanada). Sie wertete im Jahr 2007 Daten von rund 5.000 Familien aus, von denen sich im Lauf des Untersuchungszeitraums 200 trennten. "Spätestens nach zwei Jahren fanden wir keinen Zusammenhang mehr zwischen Scheidung und der Erziehungskompetenz der Eltern", so die Forscherin.

Dennoch werden Ehen von ehemaligen Scheidungskindern mehr als doppelt so oft ebenfalls geschieden wie diejenigen von Partnern, die bei beiden Eltern aufwuchsen. Das ergab 2009 eine Studie der Soziologin Sonja Schulze von der Universität Bielefeld. Dieses Weiterreichen von einer Generation an die nächste wird als "Transmissionseffekt" bezeichnet. Mögliche Ursache: Menschen neigen grundsätzlich dazu, das zu tun, was ihnen von Kindesbeinen an vertraut ist. Das gibt ihnen Sicherheit – selbst wenn es Risiken birgt. Denn egal wie alt sie sind, Kinder leiden immer, wenn die beiden wichtigsten Menschen in ihrem Leben einen Rosenkrieg ausfechten.

Über Gehirn&Geist:
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