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Manipulative Bakterien: Wie Salmonellen eine Lebensmittelvergiftung verschlimmern

Salmonellen aus verdorbenen Lebensmitteln kennen einige Tricks, mit denen sie unserem Körper gefährlich werden können. Einer davon war bisher unbekannt - er funktioniert elektrisch.
Salmonellen-Kultur

Verderbende Lebensmittel werden uns manchmal gefährlich, weil ihre Inhaltsstoffe zu unangenehmen Abbauprodukten zerfallen – viel häufiger aber deshalb, weil in ihnen Keimkulturen wuchern, die selbst giftige Toxine ausscheiden. Typische Lebensmittelvergifter wie die Salmonellen verschärfen das Problem dann noch weiter, sobald sie in unseren Körper gelangt sind: Sie unterlaufen unser angeborenes Abwehrverhalten und manipulieren das Immunsystem zu ihrem Vorteil. Wie das genau geschieht, wird seit Langem untersucht. Einer der erfolgreichen Tricks der Salmonellen scheint dabei zu sein, Immunzellen als unfreiwillige Fähren in den Körper zu missbrauchen, schreiben Forscher der New York University nun im Fachblatt »PLoS Biology«.

Mikrobiologen kennen bereits andere Bakterien, die sich noch im Darm von den alarmierten Makrophagen der Körperabwehr aufnehmen lassen, um dann in ihnen über das Blut- und Lymphsystem unbeschadet in den ganzen Körper zu gelangen. Kompliziert ist dabei nicht nur, in den Immunzellen zu überleben – sondern auch, die Makrophagen dazu zu bewegen, ihren Einsatzort im Darm mitsamt der aufgenommenen Keime in Richtung Blutbahn zu verlassen. Salmonellen helfen hier offenbar mit einem elektrischen Trick nach, berichten Yaohui Sun und seine Kollegen: Die Keime verursachen eine gezielte Polaritätsänderung von Membranoberflächen und bringen damit die Mikroorientierung der Makrophagen anhand elektrischer Felder entscheidend durcheinander.

Dies ergaben Messungen der Polarität an Zellmembranen, die das Forscherteam im Darm von mit Salmonellen infizierten Mäusen vorgenommen hatten. Dabei zeigte sich zunächst eine auffällige Vorliebe der attackierenden Immunzellen: Sie wanderten in einem künstlich angelegten elektrischen Feld stets in Richtung der positiv geladenen Anode. Salmonellen an der Darmwand nutzen diese Vorliebe der Immunzellen: Sie ließen sich von ihnen aufnehmen und manipulierten dann den Elektrosensor der Zellen. Denn unmittelbar nachdem die Makrophagen die Salmonellen aufgenommen hatten, änderte sich ihre Orientierung auffällig: Sie machten im elektrischen Feld kehrt und begannen plötzlich Richtung Kathode zu wandern. Im Darm der Mäuse sorgte das dafür, dass die Immunzellen den Ort der Infektion mehrheitlich verließen, die Darmwand durchquerten und ins Blut gelangten.

Die elektrische Polarität der Mikroumgebung wird dabei von den Salmonellen aktiv und zielführend verändert, wie das Forscherteam herausfand: Die Keime manipulieren etwa die Membranmoleküle an der Außenseite der Makrophagen, während sie von diesen aufgenommen werden. So bauen sie etwa mit speziellen Enzymen vor allem nach außen aus der Makrophagenhülle ragende, negativ geladene Sialinsäuren ab. Das verändert dann die Polarität der Membran und in der Folge die galvanotaktische Orientierung der Immunzellen, also ihre Bewegungsrichtung im elektrischen Feld. Neben der chemotaktischen Orientierung, die für angreifende Makrophagen ebenfalls wichtig ist, scheint die Navigation im elektrischen Feld eine bislang unterschätzte Rolle zu spielen.

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