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Infektionskrankheiten: Warum die Masern so virulent sind

Masern gehören zu den extrem ansteckenden Virenerkrankungen. Um sich zu verbreiten, müssen die Erreger jedoch zwei Zelltypen befallen. Ermöglicht das neue Therapieansätze?
Masernvirus

Die Masern gehen wieder um in Deutschland – dieses Mal in Köln, wo dieses Jahr bislang 68 Fälle registriert wurden und damit bereits mehr als im gesamten Vorjahr. Die Zahlen belegen zweierlei: Die im europäischen Vergleich schlechte Impfquote gegen Masern begünstigt lokale Ausbrüche – und die Krankheit ist extrem ansteckend. Kommt eine nicht immunisierte Person mit einem Masernkranken in Kontakt, steckt sie sich mit einer Wahrscheinlichkeit von mehr als 90 Prozent an. Warum das so ist, haben Veronika von Messling vom Paul-Ehrlich-Institut und ihr Team an einem Tiermodell untersucht und im »Journal of Virology« vorgestellt.

Da die Masern spezifisch nur Menschen befallen, mussten die Wissenschaftler auf das ebenso hochinfektiöse Hundestaupevirus zurückgreifen, das wie die Masern zu den so genannten Morbilliviren gehört. Damit infizierten die Forscher Frettchen, die ebenfalls an der Hundestaupe erkranken können. Bekanntermaßen müssen Masern im Wirt an zwei unterschiedlichen Zellrezeptoren andocken, wenn sie diesen infizieren und sich vermehren wollen. Nach der Ansteckung hängt sich das Virus demnach erst an Immunzellen, wo es sich weiter vermehrt. Erst danach binden sich die Erreger spezifisch an den zweiten Rezeptor, der sich auf Zellen in den Atemwegen befindet. Durch Husten und Schleimabsonderungen werden sie von dort in der Umgebung verteilt und können weitere Personen befallen.

Unklar war allerdings, ob das Virus tatsächlich beide Zellrezeptoren besetzen muss, um sich erfolgreich verbreiten zu können. Deshalb infizierten von Messling und Co die Frettchen mit unterschiedlichen Hundestaupestämmen. Wie erwartet steckten sich die Tiere an, die mit dem natürlichen Hundestaupevirus in Kontakt kamen, und erkrankten. In der Folge übertrugen bereits erkrankte Tiere das Virus am effizientesten. Anders sah es hingegen bei genetisch veränderten Viren aus: Sie konnten nur jeweils einen Rezeptor besetzen – und verbreiteten sich danach bloß sehr langsam und in Einzelfällen. Zudem erkrankte keines dieser Tiere. Lediglich durch den doppelten Ansatzpunkt können sich die Morbilliviren also erfolgreich vermehren und verbreiten. Das ermöglicht vielleicht neue therapeutische Ansätze, hoffen die Wissenschaftler. Dennoch bleibt die Impfung der beste Schutz gegen die Krankheit: Erst ab einer Impfquote von 93 Prozent ist gewährleistet, dass der Herdenschutz auch Neugeborene oder Menschen, die wegen anderer gesundheitlicher Einschränkungen nicht geimpft werden können, vor einer Maserninfektion in den meisten Fällen bewahrt.

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