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Covid-19: Verstopfte Nase fördert Superspreading

Schnupfen und ein komplettes Gebiss treiben Aerosole weiter in den Raum, wenn die betroffene Person niesen muss. Das zeigen Messungen.
Millionen winzigster Tröpfchen werden aus Mund und Nase beim Niesen katapultiert - und tragen ihre Virenlast in die Welt hinaus.

Die meisten mit Sars-CoV-2 infizierten Menschen stecken zum Glück niemanden oder nur wenige andere an. Ein Großteil der Ausbreitung geschieht tatsächlich über wenige, Superspreader genannte Kranke, die eine Vielzahl an Neuinfektionen auslösen können. Zu wissen, was Menschen zu Virenschleudern machen kann, ist daher vorrangiges Ziel der Forschung. Zwei biophysikalische Einflussfaktoren stellen Douglas Fontes vom Florida Space Institute und sein Team in der Zeitschrift »Physics of Fluids« vor: Wer mit verstopfter Nase und vollständigem Gebiss maskenfrei niest, treibt Aerosole besonders weit und intensiv in den freien Raum. Die Reichweite liegt dann um 60 Prozent höher als in den Vergleichsfällen der Gruppe.

Dagegen fällt die Aerosolwolke kleiner und schwächer aus, wenn eine Person mit fehlenden Zahnreihen und gleichzeitig freier Nase niesen muss. Für ihre Studie bildeten die Wissenschaftler das Atemwegsystem des Körpers dreidimensional nach und simulierten den Aerosolausstoß beim Niesen unter verschiedenen Bedingungen. Eine freie Nase sorgt zum Beispiel dafür, dass der beim Niesen beschleunigte Luftstrom den Körper auf zwei Wegen verlassen kann, wobei sich beide Luftströmungen dann gegenseitig stören. Das bewirkt Folgendes: Der Luftstrom fällt insgesamt schwächer aus und verteilt sich schneller, was die Aerosolkonzentration in der Umgebung rasch verringert.

Zähne wiederum sorgen für einen Kanalisierungseffekt: Der Luftstrom muss durch eine Engstelle und wird dadurch beschleunigt sowie turbulenter. Potenziell infektiöse Tröpfchen reisen in höherer Konzentration weiter und erhöhen damit die Ansteckungsgefahr. »Wenn Sie jemanden mit Zahnlücken sehen, können Sie davon ausgehen, dass beim Niesen ein schwächerer Luftstrom von diesem ausgeht«, sagt der an der Studie beteiligte Michael Kinzel.

Aerosolaustausch | Wer komplette Zahnreihen und eine verstopfte Nase hat, stößt beim Niesen Aerosole stärker und weiter aus (d). Eine freie Nase und ein vollständiges Gebiss sorgen für eine geringere Reichweite, aber größere Aerosolwolke (a), eine freie Nase und fehlende Zähne verkleinern wiederum diese Wolke bei geringerer Reichweite (c) – diese Bedingungen schneiden am besten im maskenfreien Zustand ab. Dazwischen liegt die verstopfte Nase bei lückenhaftem Gebiss.

Auch die Konsistenz des Speichels spiele dabei eine Rolle, schreiben die Autoren: Dünne Spucke resultiert in kleineren Tröpfchen, die länger in der Luft schweben. Während dickflüssigerer Speichel schon nach drei Sekunden fast vollständig zu Boden gesunken ist, schweben Aerosole aus dünnerem Exkret noch länger herum.

Wer lauter spricht, sorgt ebenfalls dafür, dass er mehr Spucke, Schleim und Tröpfchen von sich gibt als beim leisen Sprechen. Und manche Personen haben prinzipiell eine feuchtere Aussprache als andere, gleich wie sehr sie die Stimme erheben oder senken. Und dann kommt natürlich hinzu, wo sich Menschen aufhalten: In engen und schlecht belüfteten Räumen, in denen Infizierte feiern, singen oder schreien, steigt das Infektionsrisiko deutlich im Vergleich zu Veranstaltungen leise Meditierender unter freiem und sonnigem Himmel.

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