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Entscheidungsforschung: Schäumendes Dementi

Händewaschen mildert den Drang, sich auf alte Urteile zu versteifen.
Ein "reines Gewissen zu haben", ist mehr als nur eine Redensart: Laut einer Studie der Psychologen Spike Lee und Norbert Schwarz von der University of Michigan in Ann Arbor (USA) befreit Händewaschen vom dem Druck, sich für früheres Handeln rechtfertigen zu müssen. Körperlich rein seien Personen deshalb zum Beispiel eher bereit, eine Entscheidung zu revidieren.

In dem betreffenden Experiment sollten Studenten aus 30 verschiedenen Musik-CDs jene zehn auswählen, die sie gerne selbst besitzen würden, und diese nach persönlicher Priorität sortieren. Unter dem Vorwand, eine Flüssigseife testen zu wollen, erteilten die Forscher anschließend der Hälfte der Teilnehmer den Auftrag, sich die Hände zu waschen; die anderen sollten lediglich einen Blick auf mehrere Hygieneprodukte werfen. Danach bekamen alle Probanden Gelegenheit, die von ihnen erstellte CD-Rangliste noch einmal zu überdenken. Die Gruppe ohne Waschpause beließ es nun eher bei der ursprünglichen Hitliste, während die frisch Gesäuberten ihre Entscheidung häufig korrigierten.

Erklärung der Wissenschaftler: Menschen empfinden Entscheidungen ohne klares Für und Wider als kniffelig und neigen dazu, die einmal getroffene Wahl sich selbst schön zu reden – etwa indem sie deren Vorzüge besonders betonen. Der damit einhergehende Rechtfertigungsdruck werde durch das Händewaschen jedoch geschwächt! Ähnliches belegten auch ältere Untersuchungen, denen zufolge körperliche Reinigung Schuldgefühle zu überwinden hilft. Eine interessante Frage für weitere Studien sei nun, ob der Wascheffekt auch andere Gefühle hinsichtlich vergangener Taten "bereinige". (mb)

Lee, S. W. S, Schwarz, N.: Washing Away Postdecisional Dissonance. In: Science 328, S. 709, 2010.

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