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Einsame Inseln: Plastikmüll wird zur Todesfalle

Auf Cocos Island starben in kurzer Zeit mindestens eine halbe Million Einsiedlerkrebse. Sie folgten ihrem natürlichen Instinkt - und endeten in tödlichen Fallen aus Menschenhand.
Ein Einsiedlerkrebs nutzt den Tiegel einer Kosmetikmarke als Zuhause - statt eines Schneckenhauses

Die Inseln Henderson im Südpazifik und Cocos im Indischen Ozean sind große Freilandlabore, wie Plastikmüll auch entlegene Regionen verschmutzt – und welche Folgen das für die lokale Tierwelt hat. Für Einsiedlerkrebse auf dem Eiland etwa werden die angeschwemmten Plastikflaschen zu einer tausendfachen tödlichen Falle, wie Jennifer Lavers von der University of Tasmania und ihre Kollegen im »Journal of Hazardous Materials« berichten: Die Krustentiere krabbeln in die offenen Behälter, finden dann aber den Weg nicht mehr heraus.

Die Wissenschaftler schätzen, dass mehr als eine halbe Million Einsiedlerkrebse auf Cocos und mehr als 60 000 Tiere auf Henderson dadurch verendet sind. Frühere Studien hatten gezeigt, dass Inseln wie Henderson trotz ihrer Isolation sehr stark von angeschwemmtem Zivilisationsmüll betroffen sind. Zählungen von Lavers und Co ergaben in der Folgezeit, dass mindestens ein bis zwei tote Einsiedlerkrebse pro Quadratmeter Strand vorkommen, die in konkret in Abfällen umkamen.

Verschärft wird das Problem durch ein natürliches Verhaltensmuster der Tiere: Einsiedlerkrebse leben in Schneckenhäusern, die ihren weichen Hinterleib schützen. Wenn sie wachsen, müssen in größere Gehäuse umziehen. Doch herrscht permanent Wohnraummangel, weshalb die Tiere gezielt danach suchen müssen. Dabei werden sie vom Verwesungsgeruch toter Artgenossen angelockt, da hier potenziell neue Gehäuse zur Verfügung stehen könnten. Die Krebse folgen den Duftspuren natürlich auch ins Innere von Flaschen, die sich dann für die Neuankömmlinge ebenfalls als tödliche Falle entpuppen. In einem Fall entdeckten die Wissenschaftler 526 tote Tiere in einem einzigen Plastikcontainer, dessen glatte Innenwände unüberwindlich wurden.

Plastikmüll am Strand von Henderson Island

Angesichts der gewaltigen Zahlen befürchten Lavers negative Folgen für den Bestand der Einsiedlerkrebse vor Ort und eine Beeinträchtigung ihrer ökologischen Funktion: Sie fressen unter anderem Aas und Früchte und verbreiten dabei Samen über Inseln. Zudem lockern sie den Boden auf und verteilen Nährstoffe um.

Hochrechnungen deuten an, dass auf Cocos Island mehr als 400 Millionen Plastikmüllteile am Strand und in der angrenzenden Vegetation liegen. Auf Henderson – das sich noch weiter abseits von Schifffahrtsrouten und Metropolen befindet – könnten es immerhin rund 40 Millionen Flaschen, Zahnbürsten, Schuhe oder Fischernetze aus Kunststoff sein.

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