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Ökosysteme: Pflanzenwurzeln als Cocktailbar für Mikroben

Die Wurzeln von Pflanzen sind Lebensraum vieler Kleinstlebewesen. Wer sich dort ansiedeln darf, regeln die Pflanzen offenbar mit Hilfe selbst hergestellter Chemikaliencocktails.
Arabidopsis thaliana Pflänzchen mit Wurzeln in durchsichtiger Nährlösung

Pflanzen stellen allerlei chemische Verbindungen her, die ihnen dabei helfen, sich an ihre Umwelt anzupassen – und umgekehrt: Mit Hilfe bestimmter Terpene können Pflanzen offenbar selbst bestimmen, welche Mikroben ihre Wurzeln besiedeln. In der Modellpflanze Arabidopsis thaliana, der Acker-Schmalwand, hat ein internationales Forscherteam um Anne Osbourn vom Norwich Research Park ein ganzes Netz aus Stoffwechselwegen aufgedröselt. In der Fachzeitschrift »Science« zeigen sie nun, wie dieses Netzwerk den Pflanzen das Mischen von »Terpencocktails« erlaubt, mit denen sie ihr Umfeld verändern.

Die Mikroben in und an den Wurzeln sind – ähnlich wie für uns die Bakterien im Darm – nützlich und wichtig für die Gesundheit von Pflanzen. In der Studie nahm das Forscherteam einige Gene unter die Lupe, die Arabidopsis thaliana in ihren Wurzeln exprimiert und die bei der Herstellung von Triterpenen eine Rolle spielen. Manche dieser Naturstoffe dienen der Abwehr von Schädlingen, andere erwünschten Mikroben als Nährstoffquelle. Pflanzen mit veränderten Triterpen-Genen wiesen eine andere Stammbesetzung auf. Osbourn und ihre Kollegen stießen auf ein komplexes Geflecht aus Stoffwechselwegen, die der Pflanze helfen, mehr als 50 verschiedene Verbindungen herzustellen. Das Team gab einige dieser Triterpene – einzeln oder gemischt – zu Bakterienstämmen, die sie aus den Wurzeln von Arabidopsis thaliana isoliert hatten. Dabei beobachteten sie eindeutige wachstumsfördernde oder -hemmende Effekte auf unterschiedliche Bakteriengruppen. In komplexer Mischung dienen die Stoffe also offenbar dem Feintuning der Artenzusammensetzung in Pflanzenwurzeln.

Die unscheinbare Arabidopsis thaliana hat mit ihren 130 Millionen Basenpaaren ein ziemlich kleines Genom und ist darum ein beliebtes Modellsystem für Pflanzen. Trotzdem weiß man bei vielen ihrer Gene noch nicht, wozu sie dienen. Allein für den in der aktuellen Studie untersuchten ersten Schritt in der Herstellung von Triterpenen gibt es 13 verschiedene Gene, die in so genannten Clustern organisiert sind. Die Forscher vermuten, dass andere Pflanzen, die bis zu 1000-mal so viele Gene und damit auch mehr Triterpen-Cluster haben, ähnlich komplexe Stoffwechselnetzwerke zur Auswahl ihrer Wurzelbewohner einsetzen. Es könnte unter anderem für die Agrartechnik nützlich sein zu wissen, wie die Pflanze bestimmt, welche Mikroben sie gern unter sich hat: In Zukunft ließen sich vielleicht mit Hilfe des geeigneten Terpencocktails Wachstum und Ertrag einer Pflanze optimieren.

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