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Walstrandungen: »Nordsee ist eine Todesfalle«

Im Jahr 2016 strandeten dutzende Pottwale an den Nordseeküsten. Nun ist die Ursachenforschung abgeschlossen.
Gestrandeter Pottwal (Symbolbild)

Im Januar 2016 strandeten 30 Pottwale an den Küsten der Nordsee, darunter auch zahlreiche auf den Ostfriesischen Inseln. Es gilt als das größte bekannte Strandungsereignis dieser Meeressäuger in der Region und betraf überwiegend junge Bullen, die zwischen 10 und 16 Jahre alt waren. 27 der 30 Tiere wurden von Veterinärmedizinern untersucht und seziert, um die Gründe für die Strandungen vielleicht herauszufinden. Die Ergebnisse veröffentlichten Lonneke IJsseldijk von der Universität Utrecht und ihr Team – darunter auch Veterinäre der Tierärztlichen Hochschule Hannover – in »PLoS One«.

Keines der untersuchten Exemplare war demnach ernsthaft erkrankt, auch wenn manche mit Parasiten und einem Herpesvirus infiziert waren. »Diese Infektionen waren im Zusammenhang mit den Strandungen aber bedeutungslos«, so Ursula Siebert von der Tierärztlichen Hochschule. Ebenfalls als Ursache konnten die Wissenschaftler ausschließen, dass Geisternetze – frei im Meer treibende Fischernetze – und Langleinen oder Zusammenstöße mit einem Schiff für den Tod verantwortlich waren. Keines der Tiere wies entsprechende Schäden auf. Wie viele andere Meeresbewohner auch hatten manche der Wale Plastikmüll als vermeintliche Nahrung aufgenommen, doch führte dies bei den Tieren weder zu einem tödlichen Magen-Darm-Verschluss noch zu einer potenziell gefährlichen Vergiftung mit Schadstoffen. Seebeben, schädliche Algenblüten und veränderte Wassertemperaturen wurden laut den Wissenschaftlern ebenfalls berücksichtigt und als »mögliche treibende Faktoren der Strandungsserie« als sehr unwahrscheinlich ausgeschlossen.

Eine Analyse des Mageninhalts zeigte, dass die Pottwale wahrscheinlich das letzte Mal vor der norwegischen Küste gefressen hatten, bevor sie in die Nordsee schwammen. Sie jagen normalerweise in der Tiefsee nach Kalmaren und anderer Beute und geraten daher in der flachen Nordsee der Deutschen Bucht in Schwierigkeiten. »Das seichte Wasser und die allmählich abfallende Küste machen es ihnen schwer, hier sicher zu navigieren. Zusätzlich kommt ihre bevorzugte Nahrung nicht in der Nordsee vor«, schreiben die Veterinäre in einer Mitteilung. Wahrscheinlich führte also eine Kombination unterschiedlicher Faktoren zum Ende der Riesen, zumal diese zu unterschiedlichen Gruppen aus verschiedenen Meeresgebieten gehörten. Sie wurden also nicht von einem Leittier in die Irre geführt, wie dies bei anderen Strandung bisweilen der Fall ist. »Die Region kann als eine Art Falle für tauchende Wale wie den Pottwal angesehen werden. Sobald sie hierher vordringen, sind sie einem erheblichen Sterberisiko ausgesetzt«, so die Forscher. Die südliche Nordsee gelte deshalb als globaler Schwerpunkt für das Stranden von Pottwalen.

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