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Robotik: Nanoroboter schwimmen durch Augen

An das Auge lässt man Medikamente oder gar Spritzen nur ungern. Eben deshalb sollen sich einmal Minirobotern mit schlüpfrigen Propellen hineinbohren - und gezielt Wirkstoffe dorthin tragen, wo sie bebraucht werden.
Auge

Mini- und Nanoroboter haben auch in der Medizin für verschiedene Einsatzzwecke eine große Zukunft: Sie könnten einmal flexibel, variabel und autonom im Körper operieren und Medikamente gezielt dort platzieren, wo sie viel nützen und möglichst wenig Schaden anrichten. Zum Beispiel mitten im Auge, wie nun eine in »Science Advances« publizierte Machbarkeitsstudie zeigt: Erfolgreich hat dabei ein internationales Team von Forschern mit Beteiligten der Max-Planck-Institute für Medizinische Forschung sowie für Intelligente Systeme und den Universitäten Stuttgart und Tübingen Schwärme von Minibots mit Mikropropellerantrieb versuchsweise durch Schweineaugen gesteuert.

In der Augenheilkunde wären gezielt programmierbare Transporter von Wirkstoffen von großem Vorteil: Es gibt Medikamente etwa gegen Netzhautveränderungen und Makulaödeme bei Diabetes oder Glaukome; diese wirken allerdings nur am Einsatzort im hinteren, inneren Bereich des Auges. Dort gelangen sie allerdings im Normalfall nur schwer hin: Die Tränenflüssigkeit spült sie weg, und verschiedene Gewebeschichten schützen etwa die Sinneszellen der Netzhaut. Die Medikamente müssen daher entweder in höherer Konzentration auf die Augenoberfläche getropft werden – von wo sie nur langsam ins Innere einsickern – oder sie müssen gleich ins Auge injiziert werden, was zumindest minimale Verletzungen unvermeidbar macht. Dieses Problem sollen die Miniroboter als Medikamentenfähre lösen.

Miniroboter propellern durchs Auge
Das Experiment im Video: Die Mikroroboter durchqueren wie gewünscht den Glaskörper und gelangen im Einsatz rasch dorthin, wo Mediziner sie im Ernstfall haben möchten.

Die Forscher konstruierten zu diesem Zweck Minimaschinen mit Spiralpropellerantrieb, die etwa 200-mal dünner als ein menschliches Durchschnittshaar waren, und statteten sie mit Minimagneten aus. So konnten sie die Bots später mit Magnetfeldern zu einem Zielort dirigieren. Zudem musste der Minibot weite Strecken gegen den Widerstand der dicht gewebten Kollagenbündel im gelartigen Glaskörper des Auges zurücklegen. Dies erleichtert eine spezielle äußere Beschichtung der Roboter mit ungiftigen Silikonölen sowie stark wasserabweisenden perfluorierten Kohlenstoffketten – sie sorgen nach dem Vorbild von Fleisch fressenden Kannenpflanzen für eine ultrarutschige Oberfläche.

Im Experiment gelang es dem Team mit optischer Kohärenztomografie zu beobachten, wie ein Schwarm ihrer Mikrobots problemlos durch den Glaskörper von aus Schweinen stammenden Augen gelenkt werden konnte. In den nächsten Schritten sollen nun Versuche in den Augen lebender Tiere folgen. Gelingt dies, so könnte es in einigen Jahren denkbar sein, Mikroroboter auch als Assistenten in der Humanmedizin zu testen.

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