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Fernsteuerung: Maschine verleiht übermenschliche Reflexe

Per Elektrostimulation haben Forscher ihren Versuchspersonen übermenschliche Reflexe verliehen. Ein einfacher Trick sorgte dafür, dass die Ferngesteuerten es nicht bemerkten.
Wie schnell kann man reagieren?

Die Hand eines Menschen fernzusteuern, ist technisch kein großes Problem. Es braucht dazu lediglich strategisch platzierte Elektroden, die mittels fein dosierter Stromstöße die Handmuskeln bewegen. Fließt Strom, zuckt die Hand zu einem Griff zusammen. Ähnliche Geräte werden auch im Sport zum Training eingesetzt. Kombiniert man sie allerdings mit einem Sensor, kann man Menschen extrem schnelle Reflexe verleihen – so wie es Wissenschaftler am Labor von Pedro Lopes von der University of Chicago und der Sony Computer Science Laboratories in Tokio nun taten.

Sie ermöglichten ihren Probanden beispielsweise, mit einer Spielzeugpistole einen rasant abgefeuerten Baseball mitten im Flug zu treffen. Menschen ohne technisches Upgrade ist das unmöglich: Bis das Auge den Abschuss bemerkt und das Signal zum Drücken des Abzugs gibt, ist der Baseball längst vorbeigeflogen. Es dauert üblicherweise rund 250 Millisekunden zur ersten Handbewegung.

Wie man einem Menschen übermenschliche Reflexe verleiht

Mit technischer Unterstützung lässt sich diese Reaktionszeit auf einen Bruchteil eindampfen. Die Folge: Während der Proband noch damit beschäftigt ist, den fliegenden Ball wahrzunehmen, hat seine Hand schon längst am Drücker gezogen – was den Berichten der Teilnehmer zufolge ein unheimliches Gefühl der Fremdbestimmtheit auslöst.

Wie die Forscher in einer Studie herausfanden, lässt sich das Gehirn jedoch vergleichsweise einfach hinters Licht führen, indem man künstlich Zeit verstreichen lässt. Vergeht zwischen Auslöser und Muskelkontraktion genug Zeit, haben Versuchspersonen mehrheitlich das Gefühl, selbst Auslöser der Aktion gewesen zu sein. Natürlich nur dann, wenn sie ohnehin vorhatten, die entsprechende Aktion auszuführen. Dann aber sorgte das verzögerte Timing offenbar dafür, dass ihr Gehirn die Bewegung der Hand als Konsequenz ihrer eigenen Absicht interpretierte. Um rund 80 Millisekunden lässt sich die computergesteuerte Reaktion nach vorne verlegen.

Ihr Ergebnis haben die Wissenschaftler aus Chicago und Tokio bislang nur auf Fachkonferenzen und auf ihrer eigenen Website vorgestellt. Mit Studien wie dieser wollen sie ergründen, welchen Besonderheiten die Verknüpfung von Mensch und Maschine unterliegt. Ihrer Meinung nach hat die Fernsteuerung der Hand- und Armmuskulatur großes Potenzial für ganz unterschiedliche Aufgaben. In den vergangenen Jahren untersuchten sie beispielsweise, wie man die menschliche Hand zu einem Plotter für Daten machen kann oder wie subtile Signale an die Muskeln einem Nutzer die Verwendung eines unbekannten Werkzeugs ermöglichen.

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