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Mars-Rover Perseverance: Landung geglückt

Die NASA hat ihren fünften Rover sicher auf dem Mars abgesetzt - ein Nervenkrimi. Der ausgefeilte Roboter soll einen ausgetrockneten See erkunden und Proben für einen Transport zur Erde sammeln.
Mars mit Monden (künstlerische Darstellung)

Das erlösende Signal kommt um 21.56 Uhr. Männer und Frauen in dunkelblauen NASA-Poloshirts springen auf und jubeln. Nun ist klar: Der neue Marsrover der USA ist sicher gelandet. Eigentlich schon vor etwas mehr als elf Minuten. Aber erst jetzt hat der Funkspruch das 204 Millionen Kilometer entfernte Kontrollzentrum am Jet Propulsion Lab in Kalifornien erreicht.

So ist das bei Weltraummissionen: Die Entfernungen sind riesig, genauso wie das Risiko. Doch auch diesmal ist für die NASA alles gut gegangen. Das Gefährt mit dem Namen Perseverance (»Beharrlichkeit«) hat sicher den Roten Planeten erreicht. Es ist die neunte Sonde, die die stolze Nation intakt auf dem Mars abgesetzt hat. Nach Curiosity im Jahr 2012 ist es der fünfte Rover.

Mehr über die Mars-Pläne der NASA und die Suche nach Leben lesen Sie in diesem Interview mit dem Astrobiologen Dirk Schulze-Makuch.

Dennoch zitterten die Verantwortlichen in den Minuten vor der Landung. Die Raumsonde mit Perseverance an Bord reiste mit 19 500 Stundenkilometern durchs All – fünfmal so schnell wie eine Gewehrkugel. Gegen 21.38 Uhr mitteleuropäischer Zeit drang sie in die Marsatmosphäre ein – und musste dann ihre tonnenschwere Fracht binnen sieben Minuten auf Schrittgeschwindigkeit abbremsen.

»Perseverance« | Der neue Mars-Rover trägt sieben wissenschaftliche Instrumente an Bord. Unter anderem soll er mit seinem Greifarm Proben aus der Oberfläche herausbohren und sie in kleinen Röhren verschließen.

Möglich machte das ein ausgeklügeltes Bremssystem aus Hitzeschild, Fallschirm und schließlich Triebwerken. Der wohl kniffligste Part waren die letzten 21 Meter, die sich der Rover von seinem Raketenschlitten abseilte. Es scheint alles geklappt zu haben, meldet die NASA.

Für Beteiligte und Zuschauer war es ein Nervenkrimi: Die Landephase lief vollautomatisch ab, die Abläufe koordinierte eine mehr als 500 000 Zeilen lange Software an Bord der Sonde. Das letzte Lebenszeichen vor dem Atmosphäreneintritt erreichte das Kontrollzentrum in Pasadena gegen 21.48 Uhr. Da ruhte Perseverance bereits seit ein paar Minuten auf der Marsoberfläche, aber die Menschen auf der elf Lichtminuten entfernten Erde wussten es noch nicht.

Also bangen, warten, Fingernägel kauen. »Seven minutes of terror« hat die NASA die Phase der quälenden Ungewissheit zwischen Atmosphäreneintritt und Landung getauft, die sieben Minuten des Schreckens. Dann, um 21.56 Uhr, das erlösende Signal: Der Kleinwagen ist sicher in den Marssand geplumpst. In den kommenden Tagen soll er all seine Instrumente durchchecken. Anschließend wird Perseverance rollend sein Umfeld erkunden.

Die Vorfreude von Wissenschaftlern ist riesig: Das NASA-Gefährt ist das komplexeste Gerät, das Menschen bisher auf einem anderen Himmelskörper abgesetzt haben. Auf den ersten Blick gleicht der Rover seinem Vorgänger Curiosity, der 2012 auf dem Mars landete. Doch die Ingenieure des Jet Propulsion Laboratory der NASA haben sämtliche Instrumente ausgetauscht und auch einige Schwächen ausgebessert, etwa die anfälligen Räder.

Landemanöver | So wie in dieser Grafik stellten sich die Missionsplaner das Landemanöver im Vorfeld vor.

Die Hauptaufgabe von Perseverance wird sein, mit seinem Roboterarm Gesteinsproben zu nehmen und diese sicher in bis zu 43 zigarrengroßen Röhren zu verstauen. Der Rover soll die Behälter an mehreren Punkten seiner Route absetzen. Eine gemeinsam mit der ESA geplante Mission soll die wertvolle Fracht Ende der 2020er Jahre bergen, zurück ins Weltall transportieren und schließlich zur Erde befördern.

Die Missionsplaner haben sich daher einen Landeort ausgesucht, der besonders spannende Erkenntnisse verspricht: Der Jezero-Krater war vor gut 3,5 Milliarden Jahren vermutlich mit Wasser gefüllt. Von einer Seite strömte ein geschwungener Fluss in die Senke. Er transportierte große Mengen an Sedimenten in den Krater, die sich auf dem Grund des Sees fächerförmig abgelagert haben. Dieses ehemalige Flussdelta ist gut aus dem Weltall zu sehen und lockt Astrobiologen schon lange.

Doch erst mit der aktuellen Mission war eine Landung dort denkbar: Der Jezero-Krater ist gerade mal 45 Kilometer breit und wird von steilen Wänden begrenzt. Und auf dem Grund ist das Gelände teils sehr zerklüftet. So hätte man selbst den Curiosity-Rover dort nicht sicher absetzen können: Seine Landestelle ließ sich nur auf eine 20 Kilometer lange und sieben Kilometer breite Ellipse eingrenzen.

Noch nie kamen so viele Raumsonden gleichzeitig beim Roten Planeten an: Mitte Februar erreichten sowohl der Al-Amal-Orbiter der Vereinigten Arabischen Emirate den Mars als auch die Raumsonden der USA und der Volksrepublik China. Letztere tragen jeweils einen Rover an Bord. Der US-Roboter Perseverance landete am 18. Februar auf der Oberfläche und soll dort Proben nehmen sowie einen kleinen Helikopter starten lassen. Das chinesische Gefährt folgt vermutlich im Frühling 2021. Wissenschaftler erhoffen sich von den Missionen neue Einblicke in die Vergangenheit des Mars, in der es wahrscheinlich flüssiges Wasser auf dem heute staubtrockenen Planeten gab.

Bei Perseverance haben die Forscher der NASA die Genauigkeit daher noch mal gesteigert: Hier war von Anfang an klar, dass der Raketenkran seine Fracht auf einer gerade einmal 7,7 mal 6,6 Kilometer großen Fläche absetzen würde. Möglich machte das eine Art Autopilot, der während des Landemanövers zum Einsatz kam: Der Computer glich dabei laufend die aktuellen Kamerabilder mit gespeicherten Karten der Oberfläche ab und steuerte das Landemodul entsprechend in die gewünschte Richtung.

Während seiner für zwei Erdjahre angesetzten Mission soll Perseverance zunächst das Flussdelta nahe seinem Landeplatz ansteuern und unterwegs immer wieder Proben nehmen. Erste Analysen des Terrains kann der Rover auch schon selbst durchführen; in seinem Roboterarm haben die Ingenieure sowohl ein Röntgen- als auch ein Ultraviolett-Spektrometer untergebracht. Damit lässt sich die chemische Zusammensetzung des Marsbodens ermitteln. Die Forscher hoffen hier unter anderem auf einfache organische Verbindungen, also von Wasserstoffatomen gesäumte Kohlenstoffketten, wie man sie auch am Grund von mikrobenreichen Flussdeltas auf der Erde vorfindet.

Jezero-Krater | In den 48 Kilometer breiten Krater hat sich einst von links ein Fluss ergossen. Die Sedimente sind in der Bildmitte sichtbar. Das von Perseverance anvisierte Landegebiet bestand aus einer 7,7 mal 6,6 Kilometer langen Ellipse, die hier mit einem weißen Oval markiert ist.

Auf lange Sicht soll Perseverance dann den einstigen Zufluss emporfahren und den Jezero-Krater verlassen. Unterwegs soll das Gefährt immer wieder Fotos und Videos machen. Dazu hat der 2,7 Milliarden US-Dollar teure Rover gleich 19 Kameras an Bord. Besonders stolz sind die Wissenschaftler auf die 3-D-Kamera Mastcam-Z, die von einem zwei Meter hohen Mast Rundumpanoramen aufnehmen soll. Beteiligt an der Bildauswertung ist unter anderem das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt.

Bei der Navigation durch das zerklüftete Gelände kann vielleicht auch ein Novum in der Geschichte der Planetenforschung helfen: Perseverance führt eine kleine Drohne mit, die sich zeitweise vom Rover entfernen und Bilder aus der Luft schießen soll. Ob der Mini-Helikopter wie geplant funktioniert, ob der Rover wirklich ganz intakt ist, werden die nächsten Wochen und Monate zeigen. Viel Arbeit für die Wissenschaftler und Ingenieure des Jet Propulsion Laboratory, die sich nun wohl erst mal von der aufregenden Landung erholen müssen.

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