Enceladus: Kleiner Mond, großer Hingucker
Was ist für die Entstehung von Leben nötig? Wärme in wohltemperierter Menge, eine stimmige Chemie und flüssiges Wasser. Nach neuesten Messungen der Cassini-Sonde erfüllt der Saturntrabant Enceladus alle Voraussetzungen.
Enceladus, der durch seinen leicht elliptischen Orbit und die Nähe zu seinem Heimatplaneten merklichen Gezeitenkräften ausgesetzt ist, hat einen Durchmesser von 504 Kilometern. Zahlreiche lange Risse, die so genannten Tigerstreifen, prägen seine eisbedeckte Oberfläche in der Nähe des Südpols. Hier zeigen sich starke geologische Aktivitäten: Fontänen aus Wasserdampf und Eispartikeln sind über mehrere Mondradien hinweg auf den Cassini-Aufnahmen erkennbar. Das Auswurfmaterial ist der dringend benötigte Nachschub für den E-Ring – dieser ist instabil und würde sich sonst nach wenigen tausend Jahren verflüchtigen.
Da die Teilchen des E-Rings allesamt von Enceladus stammen, liefert deren Analyse quasi einen Blick unter die Oberfläche des eisigen Himmelskörpers. Gehen die Fontänen auf geschmolzenes Eis in der Kruste zurück oder doch auf einen ausgedehnten unterirdischen Ozean? Wenn Letzteres der Fall ist, müsste dessen Wasser mit leicht löslichen Salzen aus dem felsigen Kern des Monds angereichert sein, glauben Wissenschaftler.
Zwei verschiedene Forschergruppen bestimmten jetzt die Menge an Natrium im E-Ring und bedienten sich dabei ganz unterschiedlicher Methoden. Ein Team um Nicholas Schneider von der University of Colorado setzte zwei Großteleskope ein, um nach bestimmten Spektrallinien von Natrium Ausschau zu halten. Dieses Verfahren kann schon geringe Mengen des Alkalimetalls nachweisen und war schon vielfach erfolgreich, beispielsweise bei Jupiters vulkanischem Mond Io, den dünnen Atmosphären von Kometen, Merkur und unserem eigenen Mond. Sowohl in der Umgebung von Enceladus als auch weiter draußen im E-Ring ist davon jedoch nichts zu sehen.
Widersprechen sich diese Befunde? Nein, räumt Schneider ein. Denn seine Methode kann nur atomares Natrium aufspüren, nicht jedoch solches, das in Eiskörnchen eingeschlossen ist. Planetologe John Spencer vom Southwest Research Institute in Boulder, Colorado, vergleicht die beiden Studien und resümiert: "Auch wenn die Eiskörnchen irgendwann schmelzen und ihren Inhalt in den Torus abgeben, wird das Natrium zu sehr durch das restliche Gas verdünnt, um dort von Schneider und seinen Kollegen vom Erdboden aus gemessen werden zu können."
Die Schlussfolgerung aus dem Natriumfund mit Cassini ist eindeutig: "Unsere Beobachtung zeigt, dass es unter Enceladus' Eispanzer flüssiges Wasser gibt", erklärt Postberg. "Die natriumhaltigen Eispartikel sind quasi schockgefrostete Salzwassertröpfchen. Salzloser Dampf und andere Gase steigen von der Oberfläche der unterirdischen Gewässer auf und ziehen die Eispartikel mit, ehe sie schließlich mit hoher Geschwindigkeit durch Risse in der Eiskruste ins All geschleudert werden", führt der Physiker weiter aus. Allerdings wird die Fontäne nicht so explosiv und in Schüben wie bei einem Geysir erzeugt, denn der Vorgang liefe so schnell ab, dass sich das Natrium nicht in Eiskörnchen einlagern könnte.
Da schon früher verschiedene organische Verbindungen in den Fontänen gefunden wurden, ist Enceladus mit dem Nachweis von flüssigem Wasser zu einem der wenigen Kandidaten für die Entstehung von primitiven Lebensformen in unserem Sonnensystem geworden. Cassini wird bei den vier weiteren nahen Vorbeiflügen an dem kleinen Saturnmond bis 2010 danach Ausschau halten.
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