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Lustige Tierwelt: Kanada-Gänse bieten Hagel die Stirn

Was tut eine Gans bei schwerem Hagel? Sie schaut - aus gutem Grund - mitten in den Sturm.
Achtung Unwetter

Ein seit gut einem Jahrhundert gelegentlich beschriebenes drolliges Tierverhalten hat dank eines Videodrehs gerade wieder Konjunktur: die Frage, warum Graugänse und andere Vögel ihren Hals so lustig in die Luft recken, sobald sie in einem Hagelgewitter stehen. Ein Beitrag in der bunten Wissenschafts-Website »Live Science« ist dem Verhalten nachgegangen und liefert die einleuchtende Erklärung des Vogelexperten Jeremy Ross von der University of Oklahoma. Die Tiere wollen generell ungern vom Hagel getroffen werden, unbedingt aber nicht frontal auf ihrem Schnabel. Also drehen sie diesen so in den Wind, dass die Trefferfläche minimiert wird. Dies wird schön in dem Filmchen deutlich, das der graugansinteressierte Twitteruser @Blitzs_Dad Ende Juli bei einem plötzlichen nachmittäglichen Hagelschauer in Toronto gedreht hat.

Der interviewte Experte Ross kennt zudem Details zur Historie der Forschung über die Verhaltensauffälligkeit. Erstmals hat es offenbar schon 1919 in einer Publikation des Naturschutzpioniers Aldo Leopold Erwähnung gefunden, der 1918 in New Mexico einen Schwarm Spießenten im Hagelgewitter beobachtet hatte. Er schrieb: »Ich wunderte mich zunächst einen Moment lang über die Bedeutung der ungewöhnlichen Haltung. Dann dämmerte es mir, was sie taten: In einer normalen Position hätten die Hagelkörner ihren empfindlichen Schnabel verletzt, aber vertikal nach oben gerichtet, stellte der Schnabel eine vernachlässigbare Oberfläche dar, von der Hagelkörner natürlich abgelenkt würden. Die Richtigkeit dieser Erklärung wurde später dadurch bewiesen, dass eine normale Position wiederhergestellt wurde, sobald der Hagel in einen langsamen Regen überging.«

Schon damals war die Sache damit im Grunde erklärt – dennoch aber wurden im Lauf der kommenden Jahrzehnte immer wieder Beobachtungen des Phänomens öffentlich und diskutiert, wie »Life Science« zusammenfasst: 1986 berichteten Ornithologen davon, die Hagelschaden-Schnabelschutzpositur bei so unterschiedlichen Arten wie Möven oder Geiern beobachtet zu haben; und 2007 erschien im »Kansas Ornithological Society Bulletin« ein Beitrag über ein verhagelt aufwärtsblickendes Rotkehlchen.

Tatsächlich dürfte ein Treffer auf dem Schnabel für Tiere bedrohlicher sein als ein Körper- oder Flügeltreffer, weil ein zerbrochener Schnabel nicht heilt und die Nahrungsaufnahme verhindern könnte. Wahrscheinlich ist das Verhaltensmuster zumindest zum Teil erlernt, weil ältere und sturmerprobte Tiere es schneller und bereitwilliger zeigen als Jungvögel, vermutet Ross. Allerdings kommt es bei allen Arten vor und wird deshalb wohl auch als genetisch fixiertes Programm vererbt.

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