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Tier- und Pflanzengeografie: Jahrtausendealter Fledermauskot enthüllt Ökosystemwandel

Die Fauna und Flora von Sumatra und Borneo sollten sich nicht wirklich unterscheiden, tun es aber rätselhaft deutlich. Liefert der Kot in Fledermaushöhlen eine Erklärung?
Fledermäuse schwärmen auf Borneo aus

Die Tier- und Pflanzenwelt der indonesischen Inselwelt von Sumatra, Borneo und Java ist vielfältig, oft einzigartig und für die Fachwelt ziemlich verwirrend. So unterscheiden sich die Arten auf den großen Inseln deutlicher voneinander, als sie eigentlich dürften, und verteilen sich häufig fein säuberlich auf eigene Heimatinseln. Als Vorzeigebeispiel dafür gelten etwa die Sumatra- und Borneo-Orang-Utans sowie einige Flattermakis oder Riesengleiter, die sich in unterschiedlichen Formen auf geografisch getrennte Lebensräume aufgeteilt haben. All dies ist merkwürdig – denn vor aus Sicht der Evolution wimpernschlagkurzer Zeit gehörten alle Inseln noch zu einer größeren Landmasse, dem Sundaland, was die Artbildung in geografisch isolierten Lebensräumen eigentlich verhindert haben sollte. Eigentlich, aber nicht wirklich, meinen nun Forscher in einem in »Scientific Reports« eingereichten Beitrag – für dessen Schlussfolgerungen sie sich allerdings erst durch meterdicke Schichten von Fledermauskot buddeln mussten.

Sundaland hatte sich in den letzten zehn Millionen Jahren immer wieder einmal durch eiszeitbedingte Meeresspiegelschwankungen aus den Inseln Borneo, Sumatra und Java und der Malaiischen Halbinsel zusammengefügt. Dennoch könnte eine Artbildung durch räumliche Einnischung auf dem Kleinkontinent stattgefunden haben, wie eine bereits vor einiger Zeit formulierte Hypothese vermutet: So könnten geografische Räume auf Sundaland etwa durch Savannen-Korridore getrennt gewesen sein, die für viele auf andere Habitate spezialisierte Protoarten nicht leicht zu durchqueren waren. Diese Vorstellung ist jedoch schwer zu belegen, schon weil im tropischen Klima einige traditionelle Methoden zur Untersuchung längst veränderter Landschaften nicht leicht anzuwenden sind.

Christopher Wurster von der James Cook University und seine Kollegen verfielen daher auf die Kotablagerung in Fledermaushöhlen: Die Insektenfresser haben sie über über Jahrhunderttausende hinweg bewohnt und dabei immer neue Schichten von Ausscheidungen übereinandergestapelt, die bis heute Aufschluss über die Ernährung der Tiere zu deren Lebzeiten geben. So fanden sich etwa in den Ablagerungen der Saleh-Höhle in Borneo Insektenüberbleibsel bis in einer drei Meter tiefen Fledermauskotschicht, die vor rund 40 000 Jahren gelegt wurde.

Die chemische Analyse der Insektenreste informiert nun darüber, welchen Lebensraum die Insekten einst besiedelten: Ihre Zusammensetzung unterscheidet sich stark, wenn sie auf Gras- und Savannenlandschaften oder im tiefen Wald lebten. Die Auswertung aller Daten zeigt nun, dass das Fledermausjagdrevier um die heute tief im Regenwald liegende Saleh-Höhle tatsächlich einst eine Graslandschaft war – und somit in einem jener bisher nur postulierten Savannen-Korridore, die auf Sundaland der Theorie zufolge isolierte Ökozonen geschaffen hat. Übrigens: Was Tiere auf dem eiszeitlichen Sundaland isoliert hat, war für den wanderungswilligen Menschen damals womöglich sogar förderlich: Nach Australien und Neuguinea vordringende Menschenarten dürften die Graslandschaften deutlich schneller durchquert haben als den dichten Wald, spekulieren die Fledermauskotanalysten um Wurster.

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