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Umweltschutz: Ist öko zu unmännlich?

Männer tun sich mit Umweltschutz oft schwerer als Frauen. Ein Grund: Naturbewusstes Verhalten kratzt offenbar am männlichen Selbstbild.
Ein Baum wird gepflanzt

In puncto Umweltschutz haben Frauen die Nase vorn. Egal, welche Altersgruppe oder welches Land man betrachtet: Sie pflegen tendenziell einen umweltfreundlicheren Lebensstil als Männer. Sie werfen weniger weg, recyceln mehr und haben einen kleineren CO2-Fußabdruck. Manche Wissenschaftler vermuten, dass Unterschiede in der Persönlichkeit von Männern und Frauen zu diesem "Gender Gap" beitragen. So hat Altruismus beispielsweise bei Frauen im Schnitt einen höheren Stellenwert als bei Männern.

Unsere eigene Forschung zeigt noch eine weitere Möglichkeit auf: Vielleicht scheuen Männer ökologische Verhaltensweisen auch auf Grund dessen, was diese über ihre Männlichkeit aussagen könnten. Es ist nicht so, dass sie sich nicht für die Umwelt interessieren. Aber sie wollen sich auch wie echte Kerle fühlen und fürchten, dass umweltfreundliches Handeln sie allzu feminin erscheinen lassen könnte.

Die Studie, die wir gemeinsam mit drei anderen Kollegen durchführten, setzte sich insgesamt aus sieben verschiedenen Experimenten mit mehr als 2000 Probanden aus den USA und China zusammen. Dabei entdeckten wir, dass es eine Art psychologische Verbindung zwischen Umweltfreundlichkeit und Feminität zu geben scheint. Deshalb betrachten sowohl Männer als auch Frauen naturbewusste Produkte und Verhaltensweisen – aber auch Personen, die mit solchen Produkten oder Verhaltensweisen in Verbindung stehen – als "weiblicher" im Vergleich zu ihren weniger "grünen" Gegenparts. In einem Versuch charakterisierten die Teilnehmer eine Person, die zum Einkaufen in den Supermarkt einen Stoffbeutel mitnahm, als femininer als eine Person, die sich an der Kasse eine Plastiktüte geben ließ – ganz gleich, ob es sich bei dem Kunden um einen Mann oder um eine Frau handelte. Ein anderes Mal schätzten die Probanden auch sich selbst als weiblicher ein, nachdem sie gebeten worden waren, sich an eine Situation zu erinnern, in der sie sich besonders umweltfreundlich verhalten hatten.

In einem Experiment bedrohten wir die Maskulinität von männlichen Teilnehmern, indem wir ihnen einen pinkfarbenen Geschenkgutschein mit Blumenmuster zeigten und sie baten, sich vorzustellen, wie sie damit drei verschiedene Produkte – eine Lampe, einen Rucksack und Batterien – kaufen würden. Im Vergleich zu Männern, die einen Gutschein in neutraler Optik erhalten hatten, entschieden sich die Probanden eher für weniger umweltfreundliche Ausführungen der Gegenstände, wenn sie vor die Wahl gestellt wurden. Die Vorstellung, dass "entmannte" Männer versuchen, ihre Männlichkeit durch weniger ökologische Verhaltensweisen wieder zurückzuerlangen, deutet darauf hin, dass nicht nur der verschwenderische Umgang mit Ressourcen wie Wasser oder Elektrizität der Umwelt schaden könnte. Vielleicht ist es der Natur ebenso wenig zuträglich, wenn man Männern das Gefühl gibt, sie in ein allzu weibliches Licht zu rücken.

Obwohl Männern häufig weniger Feingefühl unterstellt wird als Frauen, scheinen sie ironischerweise besonders sensibel zu sein, wenn es um die Wahrnehmung ihrer eigenen Geschlechtsidentität geht. 2010 fand eine Untersuchung Hinweise darauf, dass Männer sich schwerer als Frauen damit tun, zwischen eher als maskulin und eher als feminin empfundenen Lebensmitteln oder Haushaltsgegenständen abzuwägen. Zudem verschieben sie ihre Präferenzen stärker in Richtung der "männlicheren" Variante, wenn sie ein wenig Zeit haben, um über ihre Entscheidung nachzudenken. Da manchmal schon das Ordern eines bunten alkoholischen Getränks oder das Sprechen in einer zu hohen Stimmlage ihr soziales Ansehen schmälern kann, scheinen sie stets die Augen nach solchen Fallstricken offen zu halten.

Was kann man also tun, um Männer dennoch zu einem umweltfreundlicheren Lebensstil zu animieren? Zum einen könnten "grüne" Marketingbotschaften und Produkte so entworfen werden, dass sie Männer in ihrer Maskulinität bestärken und ihnen so die Angst nehmen, als feminin eingestuft zu werden, wenn sie der Umwelt etwas Gutes tun. In unseren Experimenten zeigten sich Probanden, deren Männlichkeit zuvor betont worden war, zum Beispiel eher daran interessiert, ein naturschonendes Reinigungsmittel zu erwerben.

Zweitens könnten die Hersteller von umweltfreundlichen Produkten – aber auch Naturschutzorganisationen – stärker auf "männlichere" Farben, Wörter und Bilder zurückgreifen. In unserer Untersuchung waren Männer eher bereit, für eine gemeinnützige Organisation zu spenden, wenn diese ein maskulines Logo besaß, auf dem vor schwarzem und dunkelblauem Hintergrund ein heulender Wolf und der Name "Wilderness Rangers" prangten. Für eine Organisation mit einem grünen Logo, das einen Baum und den Schriftzug "Friends of Nature" zeigte, griffen sie dagegen nicht so bereitwillig in die Tasche. Auch eine Feldstudie in China konnte zeigen, dass sich männliche Kunden bei einem BMW-Händler eher für ein Hybridauto interessierten, wenn dieses auf einer Werbetafel mit maskulineren Begriffen angepriesen wurde.

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