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News: Harte Nuss

Das Phänomen ist altbekannt: Durch Schütteln entmischt sich ein Gemenge aus unterschiedlich großen Bestandteilen von selbst. Die schweren Brocken liegen dann oben auf, während die kleinen Teile nach unten wandern. Bislang fiel es schwer, den Mechanismus vorherzusagen, geschweige denn zu kontrollieren. Nun entwickelten Forscher nicht nur eine Theorie, die Voraussagen zulässt, sie beobachteten in Simulationen sogar noch einen weiteren Prozess.
Immer das gleiche, man öffnet die Tüte Studentenfutter und oben auf liegen die ganzen Nüsse, während sich unten die Rosinen sammeln. Da hilft auch kein Schütteln – im Gegenteil, jetzt schwimmen selbst die großen Walnüsse oben auf dem "Kleinkram". Das Phänomen, dass sich große Bestandteile eines Gemenges unter Schütteln nach oben arbeiten, ist auch als Paranussproblem oder Segregation schon lange bekannt.

Deshalb existieren zwar auch einige Erklärungen, bislang konnte aber niemand eine vollständige Theorie für den Prozess erarbeiten oder gar voraussagen, wann der Effekt auftritt. Das wäre aber eigentlich recht wichtig, wie Daniel Hong von der Lehigh University erklärt: "Sowohl die Segregation als auch das Mischen sind sehr bedeutsame Prozesse für die Industrie. Mischen ist äußerst wichtig für die Herstellung von Medikamenten oder Beton, andererseits lassen sich Schwingungen auch dazu nutzen, Nahrungsmittel zu trennen."

Nun entwickelte Hong zusammen mit Kollegen eine Theorie, die er sogleich auch mithilfe von Computersimulationen überprüfte: Die Wissenschaftler betrachteten anfangs nur ein System gleich großer Kügelchen, die in einem Behälter geschüttelt wurden – also gleiche Bewegungsenergie besaßen. Dabei setzt die Thermodynamik, die das Verhalten solcher Vielteilchensysteme theoretisch erklärt, die Energie mit der Temperatur gleich. Die Forscher fanden nun heraus, dass für ihr System eine "kritische Temperatur" existiert, unterhalb derer eine Schicht von Teilchen am Boden eines Gefäßes "auskondensiert". Das heißt, dass sich bei sehr leichtem Schütteln die Teilchen durchaus noch bewegen können, sie aber nicht mehr mit ihrem Nachbarn die Plätze tauschen oder gar in die so genannte flüssige Phase zurückkehren, in der alle Bestandteile wild umeinander huschen. Offenbar wird die kritische Temperatur durch ein bestimmtes Verhältnis von Masse und Durchmesser der Teilchen bestimmt.

In einer zweiten Simulation mischten Hong und seine Kollegen zwei Garnituren Kügelchen – jede mit ihrer eigenen kritischen Temperatur. Wenn die Forscher nun die Temperatur des Systems so einstellten, dass sie zwischen den beiden kritischen Werten lag, so kondensierten die Teilchen mit der größeren Temperatur, während die anderen flüssig blieben. Wie die Wissenschaftler weiterhin feststellten, kommt dem Verhältnis von Masse und Durchmesser dabei eine weitere, tiefere Bedeutung zu: Hatte die erste Kugelsorte doppelt so viel Masse und einen doppelt so großen Durchmesser wie die zweite Sorte, dann schwammen die größeren Kügelchen oben auf. Wenn die erste Sorte stattdessen aber sechsmal so schwer und doppelt so groß war, dann sanken sie hinab – ein Effekt, der als umgekehrtes Paranussproblem bekannt ist.

Aus einer Reihe von Simulationen gewannen die Wissenschaftler schließlich ein so genanntes Phasendiagramm, aus dem man nun ablesen kann, bei welchem Verhältnis von Masse und Durchmesser welcher Prozess einsetzt. Vielleicht gelingt es ja mit diesem Wissen, eine Packung Studentenfutter zu füllen, in welcher der Inhalt schön vermengt bleibt.

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