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Frühester Nachweis: Als die Salmonellen in Lübeck wüteten

Mit Salmonellen ist immer noch nicht zu spaßen. Der früheste Nachweis eines dadurch ausgelösten Massensterbens wurde in Lübeck erbracht.
Skelette in einem Massengrab

Im Mittelalter war es Alltag, an heute leicht behandelbaren Krankheiten zu sterben. Regelmäßig wüteten Seuchen in den Städten und Dörfern. Lübeck wurde laut Stadtchroniken allein im 14. Jahrhundert mindestens sechsmal von derartigen Pestilenzen heimgesucht. Wenigstens eine davon ging auf Salmonellen zurück, wie ein Forschungsteam der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in »iScience« berichtet: Es ist der bislang älteste bekannte Nachweis eines durch Salmonellen ausgelösten Massensterbens.

Die Gruppe um Ben Krause-Kyora untersuchte dazu DNA aus Skeletten, die schon in den 1990er Jahren bei Arbeiten am und im Umfeld des Heiligen-Geist-Hospitals in Lübeck ausgegraben wurden: Mehr als 800 Tote aller Altersstufen und Geschlechter kamen damals ans Tageslicht, die aus der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts stammten und innerhalb kurzer Zeit gestorben waren – deutliches Zeichen für eine grassierende Seuche. Aus insgesamt 92 Toten konnte alte DNA isoliert und untersucht werden.

Bei den menschlichen Überresten aus zwei der damals geöffneten Gruben wiesen Krause-Kyora und Co Erbgut des Bakteriums Salmonella enterica nach: Der Keim verbreitet sich über tierischen Kot, ungenügend gekochtes oder verunreinigtes Essen und löst hohes Fieber, Bauchschmerzen und Übelkeit bis hin zu schwerem Durchfall aus, der bei geschwächten Menschen unbehandelt zum Tod führen kann.

»Aus den Chroniken der Stadt Lübeck wissen wir, dass für das Jahr 1367 eine ›Pestilencia‹ verzeichnet ist, welche viele Menschenleben forderte, aber auf Lübeck beschränkt war«, sagt der an der Studie beteiligte Gerhard Fouquet von der Universität Kiel. Drei der verursachenden Bakterienstämme konnten vollständig rekonstruiert werden. »Unsere Analysen deuten auf einen hohen Verwandtschaftsgrad der im Mittelalter vorkommenden Stämme hin«, sagt die Erstautorin Magdalena Haller. Das Team nimmt daher an, dass sich der Erreger über die damaligen Handelswege, etwa auch die Hanse, leicht verbreitet und lokal immer wieder zu Ausbrüchen geführt hat.

Heute kommt der damals Schrecken erregende Stamm in Europa praktisch nicht mehr vor. Dank Antibiotika lassen sich Salmonellen mittlerweile gut behandeln, obwohl auch in Europa weiterhin Menschen dadurch erkranken. Zudem haben sich die hygienischen Bedingungen in der Tierhaltung, in den Haushalten und bei der Essenszubereitung drastisch verbessert. Wie wichtig Lübeck damals als Handelsstandort war, lässt sich über die Toten ebenfalls belegen: Es handelte sich auch um Menschen aus dem Baltikum und Skandinavien, die in den Gräbern bestattet wurden.

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