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Gravitationswellen: Erneuter Neutronenstern-Crash nachgewiesen?

Am Morgen des 25. April schlug ein Detektor des Gravitationswellen-Observatoriums LIGO aus. Wahrscheinlichste Ursache: der Zusammenstoß zweier Neutronensterne.
Verschmelzende Neutronensterne

Astronomen könnten erneut Signale einer Verschmelzung zweier Neutronensterne aufgefangen haben. Das berichtet das Team des Gravitationswellen-Observatoriums LIGO auf Twitter. In den frühen Morgenstunden des Donnerstags, 25. April, hätte eines der zwei Laserinterferometer ausgeschlagen, berichten die Wissenschaftler. Auch der europäische Detektor Virgo fing zu dieser Zeit ein mögliches Signal auf. Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 Prozent ginge das Raumzeitbeben auf den Zusammenstoß zweier Neutronensterne zurück, teilten die Forscher mit. Ersten Berechnungen zufolge müssten die extrem kompakten Sternleichen in einer rund 500 Millionen Lichtjahre entfernten Galaxie ineinandergerast sein – das Signal läge damit am Rand dessen, was die Detektoren derzeit nachweisen können.

Die Gravitationswellen erlauben jedoch nur eine grobe Ortung am Nachthimmel. Aktuell sind Astronomen in aller Welt daher dabei, die Quelle des Raumzeitbebens mit Teleskopen zu orten, sie haben deshalb vielerorts eine schlaflose Nacht hinter sich. Die Forscher müssen etwa ein Viertel des Nachthimmels absuchen. In Frage kommt offenbar eine so genannte Kilonova, die in den vergangenen Tagen am Nachthimmel aufgetaucht ist, berichtet das LIGO-Team. So nennen Astrophysiker eine rasch expandierende Blase extrem heißer Materie, die große Mengen von Strahlung abgibt und dabei so hell leuchtet wie eine ganze Galaxie. Auf Teleskopaufnahmen erscheint sie als heller Punkt, dessen Lichtspektrum sich rasch verändert. Nach aktuellem Verständnis gehen die spektakulären Himmelserscheinungen unter anderem auf den Zusammenstoß zweier Neutronensterne zurück.

Sollte sich die Vermutung der Forscher bestätigen, wäre es die zweite direkte Sichtung einer Neutronenstern-Verschmelzung. Das erste Ereignis dieser Art hatte 2017 für großes Aufsehen gesorgt. Kurz darauf gingen jedoch die Gravitationswellendetektoren von LIGO und Virgo in Wartung. Seit Anfang April 2019 nehmen die Geräte nun wieder Daten. Anders als in früheren Beobachtungsläufen weisen die Gravitationswellenjäger sofort öffentlich darauf hin, wenn sie ein potenzielles Ereignis aufgespürt haben – Interessierte können sich hierfür sogar eine App auf dem Smartphone installieren.

Bereits am 8., 12. und 21. April hatten die Detektoren von LIGO ausgeschlagen: Damals gingen die Forscher jeweils von der Verschmelzung zweier Schwarzer Löcher als Ursache aus. Anders als Neutronensterne entweicht dabei kein Licht. Bei diesen wie auch dem aktuellen Ereignis wird erst eine genaue wissenschaftliche Analyse verraten, was hinter den jeweiligen Signalen steckte. Aller Voraussicht nach ist das erst der Anfang: Die Wissenschaftler von LIGO gehen in der aktuellen Beobachtungskampagne davon aus, wöchentlich die Gravitationswellen irgendeines gewaltigen Zusammenstoßes im All nachzuweisen.

Update, 29. April: Trotz intensiver Suche mit mehr als 20 Teleskopen ist es den Astronomen bisher nicht gelungen, die Quelle des Gravitationswellensignals zu orten. Bei dem ursprünglichen Hauptverdächtigen handelte es sich vermutlich nur um eine gewöhnliche Sternexplosion, nicht um eine Kilonova.

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