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Covid-19-Impfung: EMA gegen Einschränkung von AstraZeneca-Impfstoff

Trotz sehr seltener Fälle von Hirnthrombosen empfiehlt die EU-Arzneimittelbehörde EMA die uneingeschränkte Anwendung des AstraZeneca-Vakzins Vaxzevria. Der Nutzen sei höher zu bewerten als die Risiken.
Eine Frau sitzt in der Anmeldung einer Impfkabine im Impfzentrum in Essen.

Die Europäische Arzneimittelbehörde (EMA) hat sich für den Corona-Impfstoff Vaxzevria des Herstellers AstraZeneca ausgeprochen. Trotz sehr seltener Fälle von Blutgerinnseln in Hirnvenen empfiehlt die EMA weiterhin uneingeschränkt die Anwendung des Mittels. Das hat die Behörde am Mittwoch bekannt gegeben. »Der Nutzen des Wirkstoffs bei der Bekämpfung von Covid-19 ist deutlich höher zu bewerten als die Risiken«, sagte EMA-Chefin Emer Cooke am Mittwoch in Amsterdam.

Das Komitee habe insgesamt 62 Fälle von Sinusvenenthrombosen sowie 24 weitere Thrombosen in großen Venen des Bauchraums untersucht, die überwiegend über die Datenbank für Medikamentennebenwirkungen gemeldet worden waren. Darunter waren 18 Todesfälle. Diese Komplikationen kommen laut EMA auf etwa 25 Millionen geimpfte Personen in der EU und dem Vereinigten Königreich; nach Ansicht des Sicherheitskomitees sollten solche Thrombosen deswegen als sehr seltene Nebenwirkung gelistet werden. Das Komitee habe noch einmal bestätigt, dass der Nutzen des Impfstoffs bei der Verhinderung von Covid-19 das Risiko überwiege, erklärte die EMA-Direktorin.

»Das Sicherheitskomitee PRAC hat mit Hilfe einer kurzfristig zusammengestellten Gruppe von Fachleuten die Berichte über seltene und ungewöhnliche Blutgerinnsel in Kombination mit einer geringen Konzentration an Blutplättchen sehr gründlich geprüft«, erlärte Sabine Straus, Vorsitzende des Komitees, auf derselben Pressekonferenz. In den vorhandenen Daten seien keine spezifischen Risikofaktoren identifiziert worden. Die Medikamentenbehörde weist aber ausdrücklich darauf hin, dass Fachleute sich dieser möglichen Komplikation bewusst sein sollten.

Personen, die den Impfstoff erhalten hatten, sollten sich medizinische Hilfe holen, wenn sie in den zwei Wochen nach der Impfung Symptome solcher schweren Thrombosen bekommen. Dazu zählen neurologische Symptome wie Sehstörungen und heftige Kopfschmerzen, aber auch geschwollene Beine, Schmerzen in der Brust und Atemnot.

Die Britische Impfkommission hat derweil ihre Empfehlung geändert. Das Präparat soll künftig möglichst nur noch über 30-jährigen Erwachsenen verabreicht werden, wie die Kommission am Mittwoch mitteilte. Auch hier sind seltene Fälle von Blutgerinnseln der Grund. In Großbritannien sind nach Angaben der Arzneimittelbehörde MHRA bislang 79 Fälle von seltenen Blutgerinnseln nach Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff aufgetreten. Dabei kam es zu 19 Todesfällen.

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Die Impfstoffkontrollen funktionieren

In der Europäischen Union wird ein Impfstoff nur zugelassen, wenn der Nutzen die Risiken nachgewiesen um ein Vielfaches überwiegt. Ebenfalls wichtig zu wissen: Auch nach der Zulassung wird die Sicherheit von Impfstoffen fortlaufend weiter beobachtet. Das betrifft derzeit AstraZenecas Vakzin sowie die Mittel von Biontech/Pfizer, Moderna und Johnson & Johnson. Der Grund: Bei allen Impfstoffen – egal ob es um eine Schutzimpfung für Masern, HPV oder Covid-19 geht – bleibt mit der Zulassung ein Restrisiko für seltene Nebenwirkungen.

Das ist nur logisch. Vor der Zulassung testen die Hersteller ihre Produkte an zahlreichen Menschen. Die von ihnen gesammelten Daten sind ausreichend, um einen Impfstoff für sicher zu befinden, aber es sind nicht genug, um sehr seltene Nebenwirkungen aufzuspüren. Und erst recht zu wenig, alss dass sich der Zufall ausschließen ließe. Erst in der breiten Anwendung sind rare unerwünschte Folgen zu sehen – wie Blutgerinnsel in Hirnvenen, die in ganz wenigen Fällen womöglich durch Vaxzevria ausgelöst werden.

Es ist sinnvoll, solch ein Restrisiko für Einzelne in Kauf zu nehmen, weil der Schaden, den man in der Bevölkerung anrichten würde, indem man einen wirksamen, sicheren Impfstoff zurückhält, deutlich größer wäre.

AZD1222, in Studien auch ChAdOx1 – für Chimp Adenovirus Oxford – genannt, wird in zwei Dosen verabreicht. Es handelt sich dabei um einen Vektor-Impfstoff. Dieser enthält einen Teil des Viruserbguts, der die Produktion von Impfproteinen anregen soll – ähnlich wie bei den mRNA-Impfstoffen. Allerdings ist der Transportweg des Erbguts in die menschlichen Zellen ein anderer: Es wird ein anderes Virus, ein Vektor, als Transportmittel genutzt.

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