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Ernährung: Dickmacher aus der Plastikbox

Wer abnehmen will, soll einfach weniger essen? Immer deutlicher kristallisiert sich heraus, dass bei der Gewichtszunahme noch andere Faktoren am Werk sind als bloß Kalorien. Inhaltsstoffe zahlreicher Gebrauchsgegenstände stehen im Verdacht, Übergewicht zu fördern.
Styroporverpackungen von gelieferten Essen in einer Küche, im Hintergrund schmutziges Geschirr.
Nicht nur auf den Inhalt kommt es an. Auch Stoffe aus Lebensmittelverpackungen können dick machen.

Fast überall steigt die Zahl an Menschen mit starkem Übergewicht. Mittlerweile bringen weltweit mehr Personen zu viel auf die Waage als zu wenig. Der Grund ist nach landläufiger Meinung klar – zu viel Essen, zu wenig Bewegung. Aber stimmt das? Eine kleine Gruppe von Fachleuten stellt diese vermeintliche Gewissheit in Frage. Im Fokus ihrer Forschung stehen Chemikalien, die für die Zunahme an Körperfett verantwortlich sein sollen.

»Es gibt mindestens 50 Chemikalien, wahrscheinlich noch viele mehr, die uns tatsächlich dicker machen«, sagt Leonardo Trasande, Umwelt- und Gesundheitswissenschaftler an der New York University in den USA. Verschiedene Stoffe können den Körper dazu veranlassen, Fett anzusetzen. Bisphenol A (BPA), bestimmte Phthalate und die meisten Organophosphat-Flammschutzmittel sind die Bekannteren unter solchen Adipositas-Verursachern, im Fachjargon Obesogene genannt. Sie bringen einen Organismus dazu, neue Fettzellen zu bilden oder mehr Fett einzulagern. Fast jeder von uns kommt täglich mit dieser Art von Substanzen in Berührung.

Der Zusammenhang könnte erklären, warum sich manche Daten zu Ernährung und Übergewicht so stark widersprechen. Seit den 1970er Jahren hat sich der Anteil an adipösen – also stark übergewichtigen – Menschen laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) fast verdreifacht. Allein zwischen 2000 und 2018 ist er in den USA von 30,5 Prozent auf 42,4 Prozent gestiegen. Gleichzeitig beobachten Fachleute einen gegenläufigen Trend: »In den letzten 20 Jahren ist der Kalorienverbrauch [in den USA] gleich geblieben beziehungsweise leicht gesunken«, erklärt Bruce Blumberg, Zellbiologe an der University of California Irvine in den USA. Trotzdem habe der Anteil stark Übergewichtiger zugenommen. Und das gilt nicht nur für Menschen: Auch das Körpergewicht von Tieren wie Hunden, Katzen, Nagetieren und nichtmenschlichen Primaten, egal ob in Forschungskolonien oder in freier Wildbahn, steigt Berichten zufolge. Und deshalb wollen Blumberg und weitere Fachleute erreichen, dass beispielsweise Ärzte den Beitrag von Chemikalien zu dieser weltweiten Epidemie ernster nehmen. …

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  • Quellen

Heindel, J. J. et al.: Obesity II: Establishing causal links between chemical exposures and obesity. Biochemical Pharmacology 199, 2022

Kassotis, C. D. et al.: Characterization of adipogenic, PPARγ, and TRβ activities in house dust extracts and their associations with organic contaminants. Science of The Total Environment 758, 2021

Kassotis, C. D. et al.: Obesity III: Obesogen assays: Limitations, strengths, and new directions. Biochemical Pharmacology 199, 2022

Lustig, R. H. et al.: Obesity I: Overview and molecular and biochemical mechanisms. Biochemical Pharmacology 199, 2022

Völker, J. et al.: Adipogenic activity of chemicals used in plastic consumer products. Environmental Science and Technology 56, 2022

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