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Evolution der Moral: Die Wurzeln der Fairness

Nicht die Religion, sondern die Evolution hat die Moral erfunden, glaubt ­Ver­haltensforscher Frans de Waal. Gerechtigkeitsempfinden entspringt ihm zufolge dem Interesse, mit anderen zu kooperieren – und ist nicht allein dem Menschen zu eigen.

In Hieronymus Boschs "Der Garten der ­Lüste" finden sich zwei Tümpel mit einer Art Ursuppe, aus der Wesen mit Federn und Flossen, Fische mit Flügeln, ein schwimmendes Einhorn, ein Vogel mit drei Köpfen, ein Seehund mit Vorderbeinen und verschiedene Amphibien steigen. Besonders spannend ist ein Wesen mit Entenschnabel, das ein Buch liest – eine Anspielung darauf, dass die Frucht des Wissens schon im paradiesischen Schlammtümpel angelegt war. Indem der Künstler noch unvollkommene Wesen zu Adam und Eva gesellt, scheint er eine Verbindung zwischen den bescheidenen Lebensformen und der Entstehung des Menschen herzustellen.

Alles hat ganz einfach begonnen. Das gilt nicht nur für unseren Körper – mit den Händen, die sich aus den Vorderflossen entwickelt haben, und den Lungen, die aus einer Schwimmblase entstanden sind –, sondern auch für unser Denkvermögen und unser Verhalten. Die Vorstellung, dass unsere Moralität nichts mit diesen bescheidenen Anfängen zu tun hat, wurde uns von der Religion eingetrichtert und von der Philosophie übernommen. Allerdings steht das im krassen Widerspruch zu allem, was uns die moderne Wissenschaft über die Vorrangstellung von Intuition und Emotionen lehrt. Außerdem widerspricht es dem, was wir über andere Tiere wissen. Manche behaupten, Tiere seien eben, was sie sind, während unsere Spezies Idealen folge, aber das lässt sich leicht widerlegen. Nicht, weil wir keine Ideale hätten, sondern weil auch andere Spezies welche haben. ...

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Spektrum - Die Woche – Wie Psychopharmaka das Gehirn verändern

Wie wirken Antidepressiva, Neuroleptika und Psychostimulanzien auf das Gehirn? Psychopharmaka bringen schnelle Linderung bei psychischen Störungen, doch die langfristigen Folgen auf unser Denkorgan sind noch nicht ausreichend erforscht. Außerdem: Süßwasser unter dem Meer. Ein Weg aus der Wassernot?

Gehirn&Geist – Altruismus

Helfen Menschen einander, wenn sie sich in Lebensgefahr befinden – oder ist sich jeder selbst der Nächste? Neue Forschungsergebnisse belegen: Ausgerechnet bei tödlicher Gefahr verhalten sich Menschen meistens erstaunlich altruistisch. Außerdem im Heft: Die Schlafforschung interessiert seit Langem, wozu unser Gehirn komplexe Traumwelten erzeugt. Auch im Tierreich suchen sie nach Antworten: unter anderem bei Tintenfischen, Tauben und Spinnen. Bei vielen neuropsychiatrischen Erkrankungen wie Alzheimer, Parkinson und Huntington leidet der Geruchssinn als Erstes. Weshalb ist das so, und lässt sich das diagnostisch nutzen? Selbstverletzung erfüllte über die Jahrtausende hinweg wahrscheinlich verschiedenste Zwecke, vom Stressabbau bis hin zu religiösen Zwecken. Sexfilme sind online immer, überall und anonym abrufbar. Manche Konsumenten verlieren da die Kontrolle. Wie kann man diesen Süchtigen helfen?

Spektrum - Die Woche – »Entschuldigung, da verstecken wir uns hinter einer billigen Ausrede«

Der bedeutende Philosoph Immanuel Kant hätte am 22. April 2024 seinen 300. Geburtstag gefeiert. Kann der kategorische Imperativ und sein philosophisches System auch noch auf die Themen des 21. Jahrhunderts angewandt werden? Außerdem: Ursachen und Umgang mit »Ghosting« in der Welt des Online-Datings.

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  • Quellen
Dieser Artikel ist ein exklusiver Vorabdruck aus »Der Mensch, der Bonobo und die Zehn Gebote. Moral ist älter als Religion« von Frans de Waal. Das Buch erscheint am 22. August 2015 im Verlag Klett-Cotta.

Brosnan, S. et al.: Mechanisms Underlying Responses to Inequitable Outcomes in Chimpanzees. In: Animal Behaviour 79, S. 1229 – 1237, 2010

Range, F. et al.: The Absence of Reward Induces Inequity Aversion in Dogs. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA 106, S. 340 – 345, 2008

Van Wolkenten, M. et al.: Inequity Responses of Monkeys Modified by Effort. In: Proceedings of the National Academy of Sciences USA 104, S. 18854 – 18859, 2007

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