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Kulturgutschutz: Geschichte in Dosen

Im Barbarastollen unweit von Freiburg lagern über 25.000 Kilometer Mikrofilm. Dort sollen die Kopien historischer Dokumente sollen Atomkriege überdauern. Joachim Schüring, Redakteur bei ABENTEUER ARCHÄOLOGIE, hat das Archiv im Berg besucht und berichtet darüber in Heft 2/05.
Zu Zeiten des Kalten Kriegs ahnte in dem kleinen Ort Oberried am Fuß des Schauinsland niemand, wie sicher es sich dort lebte. Ganz im Gegenteil, schürten doch geheimnisvolle Umbauten in dem alten Bergwerksstollen „Barbara“ am Ortsrand Gerüchte, dort würde Munition gelagert oder eine geheime Kommandoanlage gebaut. Erst in den 1980er Jahren erfuhren die Einwohner, dass die Bundesrepublik im Wald hinter der Gemeinde, 15 Kilometer von Freiburg entfernt, ein Mikrofilmarchiv errichtet und damit einen Teil der »Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten« erfüllt hatte. Darin verpflichteten sich im Mai des Jahres 1954 über fünfzig Staaten, im Ernstfall unwiederbringliches Kulturgut zu verschonen. Und so wurde die Ortschaft Oberried per Gesetz unangreifbar, weil auf ihrer Gemarkung das kollektive Gedächtnis Deutschlands ruht. Im Kriegsfall sollte in der lieblichen Modelleisenbahnlandschaft des Südschwarzwalds keine Bombe fallen. Selbst in Friedenszeiten ließ sich dort nie ein Bundeswehrsoldat blicken.

Getrieben in Gneis und Granit und einst für die Erkundung von Silbererzen gedacht, bietet der Barbarastollen heute Platz für mehr als 1500 luftdicht versiegelte Edelstahlfässer mit jeweils ein bis zwei Dutzend Kilometer Film im Format 35 Millimeter. Alles in allem lagern hier eine Milliarde historisch bedeutsamer Dokumente auf über 25.000 Kilometer Polyesterfilm – schimmelsicher und bei jahrein jahraus konstanten zehn Grad Celsius. Prüfdias helfen, die Alterung stichprobenartig zu kontrollieren. „Die Filme sollen 1500 Jahre halten, dann müssen sie erneut kopiert werden“, berichtet Regierungsamtmann Roland Stachowiak, beim Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe in Bonn für den Kulturgutschutz zuständig und somit Herr über unser offizielles kulturelles Erbe im Barbarastollen.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: epoc, 2/2005
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