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Stigmatisierung: Psychisch Kranke weiterhin Vorurteilen ausgesetzt

Umfragen belegen eine verbreitete ablehnende Haltung gegenüber psychisch Erkrankten in der Bevölkerung. Die neueste repräsentative Umfrage hierzu führte im April 2011 das Meinungsforschungsinstitut YouGov Psychonomics im Auftrag des Magazins Gehirn&Geist durch. Demnach stimmen 92 Prozent der 1026 befragten Deutschen mindestens einem negativen Urteil über Menschen mit psychischen Störungen zu.
Im sozialen Abseits
Am häufigsten sind die Befragten der Ansicht, dass Menschen mit einer psychischen Erkrankung "wenig belastbar" seien – was auf viele Erkrankte zutreffen mag, aber keineswegs immer der Fall ist. Diese Selbststigmatisierung ist ein bekanntes Problem bei psychiatrischen Patienten. Laut der Soziologin Beate Schulze von der Universität Leipzig fühlt sich mindestens die Hälfte der psychiatrischen Patienten stigmatisiert. Auch die Betroffenen selbst hegten oft Vorurteile gegen ihresgleichen. Die übrigen kennzeichnet, was Forscher "Stigma-Widerstand" nennen. Am besten helfe den Betroffenen ein Mix von Strategien, die sie je nach Situation flexibel einsetzen können.

So scheint es am effektivsten zu sein, verschiedene Bewältigungsformen zu kombinieren: Das kann bedeuten, Situationen zu meiden, in denen Ablehnung droht, Widerspruch zu leisten und zu diskutieren oder bei anderen Unterstützung und Hilfe zu suchen. Auch in der von Gehirn&Geist beauftragten Studie plädierten drei Viertel der Teilnehmer in der Frage, wem Erkrankte ihre Diagnose offenlegen sollten, für eine flexible Strategie. Hier gab es keine Unterschiede zwischen Befragten mit oder ohne persönliche Erfahrung.

In den letzten Jahren wurden zahlreiche Projekte gegen die Stigmatisierung psychisch Kranker ins Leben gerufen. Forscher der Universität Leipzig untersuchten beispielsweise die Arbeit des Vereins Irrsinnig Menschlich e. V. Bei dessen Schulprojekt "Verrückt? Na und!" erhalten Jugendliche Informationen über psychische Störungen und treffen mit Patienten zusammen. Die Teilnehmer an diesen Veranstaltungen hatten anschließend weniger negative Stereotype und empfanden die soziale Distanz zu den Betroffenen als geringer.

Abdruck honorarfrei bei Quellenangabe: Gehirn&Geist, Juni 2011
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