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Ich-Bewusstsein: Mein Körper und Ich

Wenn Menschen berichten, sie könnten den eigenen Körper verlassen und sich selbst von außen betrachten, klingt das nach Esoterik. Doch solche "Out-of-Body"-Erlebnisse treten bei bestimmten Hirnerkrankungen in der Tat auf und lassen sich sogar künstlich im Labor herbei­führen. Schweizer Forscher um den Neurologen Olaf Blanke wollen mit derlei Experimenten ergründen, wie Ich-Bewusstsein im subjektiven Erleben des Körpers verankert ist.
Völlig losgelöst
Was ist das Ich? Diese zentrale Frage der Philosophie erschien Neurowissenschaftlern lange suspekt: Das Wesen von subjektivem Erleben und Ich-Bewusstsein dürfte kaum zum Gegenstand naturwissenschaftlicher Betrachtungen taugen. Doch in den letzten Jahren vollzog sich ein entscheidender Sinneswandel. Verschiedene interdisziplinäre Forschungsgruppen begannen, subjektives Erleben systematisch zu untersuchen. Daraus resultierende Studienergebnisse weisen darauf hin, dass die Basis unseres Ich-Bewusstseins in Hirnmechanismen gründen könnte, welche verschiedene Signale unserer Sinnesorgane zu einer stabilen, globalen Körperrepräsentation zusammenfügen.
Die Rolle solcher multisensorischen körperlichen Signale für das Ich-Bewusstsein analy­sieren auch wir am Labor für Kognitive Neurowissenschaften an der Eidgenössischen Techni­schen Hochschule in Lausanne (Ecole Polytechnique Fédérale de Lausanne). Unter Einsatz verschiedener Methoden der Neurowissenschaften wie der Elektroenzephalografie (EEG), der funktionellen Magnetresonanztomografie (fMRT) sowie Techniken der virtuellen Realität arbeiten hier Biologen, Psychologen, Mediziner, Physiker, Ingenieure und Informatiker Hand in Hand. Sowohl gesunde Probanden als auch neurologische Patienten, die beispielsweise an einer gestörten Körperwahrnehmung leiden, dienen als Testpersonen bei der Suche nach der körperlichen Verankerung des Ich-Bewusstseins ...

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  • Quellen
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Hécaen, H., Ajuriaguerra, J.: Méconnaissances et halucinations corporelles. Masson, Paris 1952.

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Stratton, G. M.: The Spatial Harmony of Touch and Sight. In: Mind 8(4), S. 492-505, 1899.
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