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Willkommen im Gehirn Ihres Kindes

Mal wieder ein Buch über die Entwicklung des menschlichen Gehirns – braucht es das wirklich? Ja, denn dieses ist anders. Erstens nehmen Sandra Aamodt, Chefredakteurin der Fachzeitschrift "Nature Neuroscience", und Samuel Wang, Professor für Neurowissenschaften an der Princeton University, nicht nur die ersten paar Lebensjahre unter die Lupe. Vielmehr widmen sie sich der gesamten Zeitspanne von der Zeugung bis zum Berufseintritt. Die Entwicklung des Gehirns hört schließlich nicht mit drei Jahren auf.

Zweitens gehen die Autoren nicht zwingend chronologisch vor. So mag es zunächst überraschen, dass man nach den ersten drei Kapiteln über die pränatale Entwicklung und die Babyjahre auf einen Abschnitt stößt, der die gesamte Zeitspanne bis zur Volljährigkeit umfasst. Doch das ergibt Sinn, denn das Wechselspiel von genetischen und umweltbedingten Einflüssen ist in allen Altersphasen von Bedeutung. Die Gene bergen zwar den Bauplan für das Gehirn, doch das Denkorgan reagiert auf die Außenwelt und lässt sich von ihr formen, ein Leben lang.

Neben den neurobiologischen Grundlagen und den Entwicklungsphasen widmen sich die Autoren unter anderem der Welt der Sinne, dem Lernen beim Spiel und in der Schule sowie häufigen Entwicklungsstörungen und wie man ihnen begegnet. Jenseits der dichten, aber dennoch leicht verdaulichen biologischen Fakten besticht das Buch durch originelle Metaphern: "Das kindliche Gehirn gleicht ein Stück weit einem IKEA-Möbel: Es wird über eine Reihe von Schritten aufgebaut, die normalerweise in der richtigen Reihenfolge auftreten. Versäumt man es, bestimmte Schritte rechtzeitig zu erledigen, dann kann das für spätere Montagephasen Probleme mit sich bringen."

Zudem ergänzen die Autoren die verschiedenen Kapitel durch Zusatzinfos zu typischen Mythen der Neurowissenschaft. So räumen sie mit dem Mozart-Effekt auf – also dem Irrtum, klassische Musik zu hören mache schlau – und mit der weit verbreiteten Annahme, erstgeborene Kinder entwickelten sich grundsätzlich anders als ihre jüngeren Geschwister.

Aamodt und Wang beziehen den Leser gleich zu Beginn durch eine Reihe von Quizfragen ins Geschehen ein und geben eine Menge Tipps, wie Eltern ihr Kind am besten unterstützen können und wann es besser ist, es einfach mal in Ruhe zu lassen. So lautet die wahrscheinlich wichtigste Botschaft: "Ihr Kind konstruiert sich sein Gehirn selbst." Oder anders ausgedrückt: Unser Denkorgan meistert die wesentlichen Entwicklungsaufgaben von allein. "Atmen Sie tief durch und entspannen Sie sich." So können werdende Eltern ihrem Nachwuchs gelassen entgegenblicken.

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  • Quellen
Gehirn und Geist 1–2/2013

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