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Interview: "Kultur existiert zwischen Gehirnen"

Die Hirnforschung zeigt: Kulturelle Einflüsse verändern die Art, wie unser Denkorgan Informationen verarbeitet. Doch diese Einsicht kann auch zu Fehlschlüssen verleiten, warnt der Psychiater und Philosoph Thomas Fuchs von der Universität Heidelberg. Denn wir sind mehr als die Summe unserer Hirnprozesse.
Thomas Fuchs
Herr Professor Fuchs, kein Mensch kann ohne Beziehungen zu anderen leben, die Gemeinschaft prägt unser Denken und Fühlen. Dennoch sind wir uns dessen selten deutlich bewusst. Warum?
Es fällt uns schwer, unsere eigenen geistigen Leistungen – Gedanken, Gefühle, Einstellun­gen und so weiter – als flexible, dynamische Prozesse aufzufassen. Wir stellen sie uns eher als feste Repräsentationen im Kopf vor. Aber das ist falsch. Wenn ich mich zum Beispiel an etwas erinnere, werden diese Erinnerungen zwar aufgerufen und gestaltet – wozu bestimmte neuronale Strukturen erforderlich sind. Das bedeutet aber nicht, dass hier irgendwelche Bilder oder "Repräsentate" im Gehirn vorliegen. Jede Erinnerung wird im Moment des Erinnerns neu konstruiert; keine ist wie die vorherige. Mit der kulturellen Gemeinschaft, in der wir aufwachsen, ist es ähnlich: Ihre uns prägenden Werte erscheinen uns fix, kaum hinterfragbar. Dabei sind sie höchst wandlungsfähig und müssen ständig aktualisiert werden ...

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  • Literaturtipps
Fuchs, T.: Das Gehirn - ein Beziehungsorgan. Kohlhammer, Stuttgart 2008.
Grundlegende Einführung in die Neurophilosophie

Fuchs, T.: Leib und Lebenswelt. Neue philosophisch-psychia­trische Essays. Graue Edition, Kusterdingen 2008.
Phänomenologische Betrach­tungen des Gehirns
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